: Erbitterte Kämpfe um Kandahar
Taliban-Gegner melden Geländegewinne. USA setzen Luftangriffe fort. Zeuge: Bomben töten Flüchtlinge
QUETTA rtr/afp ■ Kämpfer paschtunischer Stämme haben gestern in Afghanistan den Belagerungsring um die letzte Taliban-Bastion Kandahar nach eigenen Angaben enger gezogen. Kämpfer des Stammesanführers Hamid Karsai hätten den Bezirk Schahwali Kot etwa 20 Kilometer nördlich der südafghanischen Stadt eingenommen, sagte ein Sprecher Karsais.
Die radikal-islamischen Taliban bestritten dies. Die afghanische Nachrichtenagentur AIP meldete unter Berufung auf Taliban-Kreise, bei den Gefechten um Schahwali Kot seien Dutzende Stammeskämpfer verletzt und zwei gefangen genommen worden. Weiter hieß es, Soldaten des früheren Mudschaheddin-Gouverneurs von Kandahar, Gul Agha Schersai, hätten den vor der Stadt gelegenen Flughafen angegriffen. Sie seien aber von arabischen Söldnern des muslimischen Extremisten Bin Laden zurückgeschlagen worden.
Unterdessen setzten die USA ihre Luftangriffe auf Kandahar fort. Kampfflugzeuge bombardierten laut AIP den Flughafen und Ziele in den Bergen südlich der Stadt. Ein Flüchtling aus Kandahar berichtete, US-Bomben hätten einen Flüchtlingstreck getroffen und dabei zwei Familien getötet. Die Flüchtlinge seien auf der Straße zwischen Kandahar und der pakistanischen Grenze unterwegs gewesen. Die Verbindung sei nun schwer beschädigt. Nach Angaben von AIP töteten US-Bombardements im Osten Afghanistans in den vergangenen fünf Tagen mindestens 115 Zivilisten. Bei Kabul kam nach UN-Angaben gestern ein UN-Mitarbeiter beim Entschärfen einer Bombe ums Leben.
US-Kampfjets griffen auch Ziele in der Bergregion Tora Bora und in der Provinz Paktia an, südlich der ostafghanischen Stadt Dschalalabad, wie AIP weiter meldete. Unabhängige Berichte über Opfer oder Schäden lagen zunächst nicht vor. Die USA halten es für möglich, dass sich Bin Laden in Tora Bora versteckt, wo ein unterirdisches Höhlensystem existieren soll.
Auf dem US-Stützpunkt südlich von Kandahar haben nach offiziellen Angaben australische Soldaten die US-Eliteeinheiten verstärkt. Wie viele Australier dort gelandet seien, teilte die US-Armee nicht mit.
In der von der Nordallianz eroberten Stadt Masar-i Scharif kam es nach UN-Angaben zu neuen Gefechten. Wegen Kämpfen unter Taliban-Gegnern sei eine Rückkehr von Hilfstransporten nach Masar-i Scharif unsicher, sagte ein UN-Sprecher.
Das UNO-Kinderhilfswerk Unicef mahnte, die Situation tausender Menschen, vor allem von Frauen und Kindern, in der Region um Kandahar sei wegen des Winters und der anhaltenden Kämpfe sehr ernst.
Der Sprecher der Al-Qaida-Organisation Bin Ladens, Sulaiman bu Ghaith, sagte laut der kuwaitischen Zeitung El Watan: „Der heilige Krieg wird fortgesetzt, selbst wenn Bin Laden sterben sollte, . . . jedesmal, wenn Ussama stirbt, wird eine neuer Ussama die Fahne ergreifen.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen