: Die EU soll im UN-Sicherheitsrat sitzen
Der außenpolitische Leitantrag der CDU plädiert für eine Stärkung der Außenpolitik der Europäischen Union
DRESDEN taz ■ Wird in Deutschland eine Frau zum Bundeskanzler gewählt, wenn Soldaten der Bundeswehr in aller Welt – oder wenigstens in der Hälfte – den internationalen Terror besiegen sollen? Kaum, glauben die Gegner von Angela Merkel, und verweisen darauf, dass sie außenpolitisch wenig erfahren ist. Gerade jetzt werde sich die zurückhaltende Art von Angela Merkel wohltuend von Gerhard Schröders nassforschem Umgangston abheben, meinen hingegen ihre Parteigänger.
Was Angela Merkel darüber denkt, weiß man nicht so recht – zumindest hat sie die Frage auf dem CDU-Parteitag in Dresden nicht thematisiert. Es blieb Exverteidigungsminister Volker Rühe vorbehalten, den Leitantrag zur Außen- und Sicherheitspolitik vorzustellen.
Das Papier ist ambitioniert: In den Leitsätzen wird der Versuch unternommen, ein außen- und verteidigungspolitisches Gesamtkonzept zu entwerfen, ohne dabei der Versuchung zu erliegen, sich überwiegend an tagesaktuellen Ereignissen zu orientieren. Besonders deutlich wird dies im Zusammenhang mit Überlegungen für eine Reform des UN-Sicherheitsrates. Die CDU wünscht einen Verzicht auf die deutsche Forderung nach einem Ständigen Sitz in diesem Gremium. Stattdessen sei „eine Rotation der EU-Mitgliedsstaaten“ auf den Sitzen anzustreben, die bisher von Großbritannien und Frankreich besetzt werden und die somit zu „Sitzen der Europäischen Union“ würden.
Damit wird zugleich auch die Rolle definiert, die Deutschland nach Ansicht der CDU künftig in der Welt spielen sollte: „Deutschland ist im Unterschied zu den derzeitigen Ständigen Mitgliedern kein globaler Akteur. Es ist weder bereit noch in der Lage, zu allen Entwicklungen weltweit Position zu beziehen“, heißt es in dem Papier. „Deutschland versteht sich vielmehr als europäische Macht.“
Entsprechend breiten Raum nehmen in den Leitsätzen die Fragen der EU- und der Nato-Erweiterung ein: „Nicht jedes Land in Europa, das eine europäische Perspektive sucht, kann EU- oder Nato-Mitglied werden.“ Um die Beziehungen zu den Nichtmitgliedstaaten dennoch auf eine neue Grundlage zu stellen, plädiert die CDU für ein Bündel von Maßnahmen, darunter die Schaffung neuer Freihandelszonen.
Ob das reichen wird, um schwelende Konflikte dauerhaft zu entschärfen, bleibt abzuwarten. In dem Papier wird der EU-Beitrittskandidatenstatus für die Türkei als „zumindest verfrüht“ bezeichnet. Die baltischen Staaten werden hingegen „recht bald“ EU-Mitglieder sein und hätten einen „natürlichen Anspruch auf Nato-Mitgliedschaft“. Interesse habe Deutschland auch an einer „auf die EU orientierten“ Ukraine. Außerdem wächst den drei südkaukasischen Republiken Armenien, Aserbeidschan und Georgien nicht zuletzt ihres Ressourcenreichtums wegen eine besondere Bedeutung zu: „Ihre Zukunft berührt unmittelbar europäische Interessen.“ Zu Russland soll ein „Partnerschaftsverhältnis“ geschaffen werden, und lapidar heißt es in dem Papier: „Die Stärkung von Sicherheit und Stabilität in ganz Europa durch die weitere Öffnung der Nato ist nicht gegen Russland gerichtet.“ BETTINA GAUS
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