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Israel umzingelt Arafat

Israelische Armee belagert Hauptquartier von Palästinenserchef Arafat in Ramallah. Angriffe ausgeweitet. Zwei Tote und 120 Verletzte im Gaza-Streifen. Fischer bemüht sich um Deeskalation

JERUSALEM/ BERLIN afp/rtr ■ Mit zahlreichen Luftangriffen auf Gebäude der palästinensischen Autonomiebehörde hat Israel gestern seine Vergeltungsaktionen ausgeweitet. Israelische Kampfjets und Militärhubschrauber feuerten zahlreiche Raketen auf palästinensische Polizeistellen und Geheimdiensteinrichtungen im Gaza-Streifen und Westjordanland ab. Dabei wurden zwei Palästinenser getötet und 120 weitere verletzt, unter ihnen 60 Schüler.

Bei Angriffen israelischer Kampfjets auf ein Gebäude der palästinensischen Sicherheitskräfte im Norden der Stadt Gaza starben nach Angaben des Krankenhauses ein Offizier und ein 15-jähriger Schüler. Hubschrauber griffen in Gaza zudem zwei Quartiere und ein Trainingslager von Arafats Leibgarde „Force 17“ und ein Gebäude der Sicherheitsdienste an. In Khan Junes im Süden des Gaza-Streifens wurde eine Basis der Sicherheitskräfte zerstört. Im Westjordanland attackierte die Armee das Hauptquartier einer schnellen Eingreiftruppe, ein Hauptquartier der „Force 17“ in Tulkarem sowie ein Geheimdienstbüro in Salfit bei Ramallah mit Raketen.

Arafat überstand den Raketenangriff auf eine Polizeistation in unmittelbarer Nähe seines Amtssitzes in Ramallah unverletzt. Bereits in der Nacht zu Montag waren gepanzerte Fahrzeuge im Abstand von 500 Metern vor dem Büro in Stellung gebracht worden. Auch in Nablus, Ramallah und Beitunia im Westjordanland zogen Panzer auf. In Nablus erschossen Soldaten ein Mitglied der „Al-Aksa-Brigaden“ von Arafats Fatah-Organisation. Auf dem Flughafen in Gaza zerstörte die Armee die Landebahn.

Zuvor hatte das israelische Kabinett die Autonomiebehörde zu einer „den Terrorismus unterstützenden Organisation“ erklärt. Das Kabinett beschloss darüber hinaus, die „Force 17“ und die Tansim-Brigaden der Fatah auf die Liste der „terroristischen Vereinigungen“ zu setzen.

Ein Sprecher der Autonomiebehörde nannte die Angriffswellen eine „Kriegserklärung gegen das palästinensische Volk“. Dennoch erhielt Scharon Rückendeckung aus den USA. Außenminister Colin Powell zeigte Verständnis für die Angriffe und forderte Arafat auf, mehr gegen den Terror zu tun. In Berlin bemühte sich Außenminister Joschka Fischer um eine Deeskalation des Konflikts, wie es in diplomatischen Kreisen hieß. Er habe Jassir Arafat zu deutlichen Schritten gegen Attentäter gedrängt und Israel zu einer politischen Lösung aufgefordert. Den Angaben zufolge habe Fischer mit Arafat und weiteren Politikern der Region telefoniert, um weitere Gewalt zu verhindern. Er wollte auch mit Scharon telefonieren. Fischer sehe bei den Gesprächspartnern kaum Ansätze zur Überwindung der Konfrontation. Beide Seiten würden aber anerkennen, dass militärische Mittel kein Ausweg seien.

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