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im whiskytrinkerparadiesWerner Hertwig kann Whisky nicht mehr riechen, dafür verkauft er ganz ordentlichen

Deutsche Reichsbahn, Schlafwagenabteil kurz nach der Desinfektion. So muss er schmecken

So ähnlich muss das Paradies sein: zwei Räume mit Regalen voll Whiskyflaschen – irische, US-amerikanische, aber vor allem schottische. Werner Hertwig hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Er verkauft in seinem kleinen Laden in der Eisenacher Straße erlesene Whiskys, und dazu gehört eine fachkundige Beratung.

Angefangen hat er mit Wein. Damals, 1983, machte Hertwig einen Laden in Neukölln auf. „Wir hatten wirklich ausgezeichnete Weine“, sagt er. „Pornos und Flachmänner wären in der Gegend aber besser gegangen.“ Drei Jahre später zog er in die Eisenacher Straße. Um die Ecke, in der Belziger Straße 35, ist er aufgewachsen. „Wir wohnten im Haus Grieneisen, mein Großvater hat 40 Jahre lang im Sargbau gearbeitet“, sagt er. „Mit Särgen kenne ich mich seitdem aus. Und mich müssen sie im Sarg aus meinem Laden tragen. Ich liebe diese Gegend und will hier nicht mehr weg.“

Anfangs nahm er lediglich 18 verschiedene Whiskys ins Angebot. „Der erste Whisky, den ich verkauft habe, war ein Bowmore. Dann bin ich nach Schottland gefahren.“ Er verliebte sich ins Land und sein Nationalgetränk. Seitdem fährt er jedes Jahr nach Schottland, packt aber stets ein paar Flaschen Whisky ins Reisegepäck, denn der edle Tropfen ist wegen der Steuern im Herkunftsland viel teurer als in Deutschland. Auf Islay hat Hertwig voriges Jahr die „Nosing Competition“ gewonnen: Von zehn Whiskysorten erkannte er beim Blindtest neun.

Hertwig hat inzwischen 650 verschiedene Malzwhiskys in seinem Laden, dazu ein paar Dutzend irische Marken, von denen manche selbst in Irland nicht zu bekommen sind. Sein Lieblingswhisky ist Laphroig, ein Whisky wie eine Torfsode. „Deutsche Reichsbahn“, sagt Hertwig, „Schlafwagenabteil kurz nach der Desinfektion. So muss ein Whisky schmecken.“ Er kann Whisky nicht mehr riechen – im wahrsten Sinn des Wortes. Als neulich mal eine Flasche zu Bruch ging und die Kundschaft sich über den Geruch mokierte, wunderte sich Hertwig: „Welcher Geruch?“

So mancher Kunde wünscht sich, über Nacht im Laden eingeschlossen zu werden, doch Hertwig trinkt nur homöopathische Mengen. „Ein Bäcker isst doch auch nicht den ganzen Tag Kuchen“, sagt er. Und schließlich hat Malachy Magee, der Whiskeyexperte, geschrieben: „Whiskey ist ein Geschenk der Natur, ein Elixier, das auf viele Art wohltuend sein kann, wenn man es in Maßen und mit dem Respekt, den es verdient, zu sich nimmt. Diesen großartigen Tropfen durch übermäßige Zügellosigkeit zu missbrauchen, kann dagegen eine bedauerliche Übung in Selbstbestrafung sein.“

Der Name stammt von einem alten gälischen Wort ab: „Uisce Beatha“, Lebenswasser. Weil die Soldaten des englischen Königs Heinrich II., die Irland im 12. Jahrhundert besetzten, das Wort nicht aussprechen konnten, verballhornten sie es zu „Whiskey“. Der schottische Whisky wird hingegen ohne „e“ geschrieben.

Die teuerste Flasche, die man bei Hertwig kaufen kann, ist ein Bowmore von 1964. Davon wurden nur 99 Flaschen aufgelegt, er kostet 2.500 Euro (4.890 DM). Geradezu geschenkt ist im Vergleich die Eigenabfüllung Macallan für 79 Mark, zu der taz-Witzbildchenzeichner Tom das Etikett gemalt hat. Einen Teil der Whiskys kann man im angeschlossenen Pub „Distillery“ probieren, das aber nur Donnerstag und Freitag ab 19 Uhr geöffnet ist – etwa einen 1938er Glenlivet für 33,23 Euro (65 DM) pro Glas. Man gönnt sich ja sonst nichts. RALF SOTSCHECK

Wein & Whisky, Eisenacher Str. 64, 10823 Berlin, Tel. 7 84 50 10, www.world-wide-whisky.de

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