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Hinter verschlossenen Türen

Afghanische Frauen tagen in Brüssel – und vergeben eine einmalige Gelegenheit

BRÜSSEL taz ■ Die Voraussetzungen hätten nicht günstiger sein können: Direkt vom erfolgreichen Afghanistan-Gipfel auf dem Petersberg reisten die drei weiblichen Delegierten weiter nach Brüssel zum Frauengipfel. Fünfzig afghanische Frauen aus allen ethnischen, religiösen und kulturellen Gruppen, von denen die meisten die Taliban-Zeit im Exil verbracht hatten, trafen sich dort auf Einladung mehrerer internationaler Frauenorganisationen. Zwei Tage lang diskutierten sie in Arbeitsgruppen über die Zukunft ihres Landes und einigten sich am Ende auf einen Forderungskatalog.

In ihm sind aufgezählt: Frauenwahlrecht, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, gleichberechtigter Zugang zu Gesundheitsvorsorge, Ausbildung und Beschäftigung, Frauenbeteiligung an der in sechs Monaten geplanten Versammlung der afghanischen Stämme, Schutz gegen Zwangsheirat und sexuelle Verfolgung sowie die Beteiligung von afghanischen Rechtsanwältinnen an der Ausarbeitung der neuen Verfassung.

Angesichts der Nachrichtenlage hätte sich das Medienecho, um das die Nichtregierungsorganisationen normalerweise in Brüssel kämpfen müssen, in diesem Fall von selbst eingestellt. Die Frauen beschlossen aber, die Öffentlichkeit von allen Beratungen auszuschließen. Sie verlasen lediglich am Ende in einer Pressekonferenz ihre Forderungen und eine Solidaritätsadresse der westlichen Frauenorganisationen.

Eine einmalige Chance wurde vertan. Freiwillig zogen sich die Frauen dorthin zurück, wo sie in den vergangenen Jahren zu leben gezwungen waren: Hinter verschlossene Türen. Dabei hätte die hochkarätige Gästeliste ihrem Anliegen viel Aufmerksamkeit bringen können: Mary Robinson, Hohe UNO-Kommissarin für Menschenrechte, Anna Diamantopoulou, EU-Kommissarin für Arbeit und Soziales, und Laurette Onkelinx als Vertreterin der belgischen Ratspräsidentschaft waren unter den Teilnehmerinnen.

Immerhin machte die Vorsitzende des Frauenausschusses im Europaparlament, Maj Britt Theorin am Ende klar, dass nur massiver Druck die mächtigen Gruppen in Afghanistan dazu bewegen wird, die Frauen an der Entwicklung zu beteiligen. Sie kündigte an, das Europaparlament werde finanzielle Zusagen davon abhängig machen, ob die Frauenrechte in den beantragten Projekten angemessen berücksichtigt seien. DANIELA WEINGÄRTNER

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