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Ausreiseverbot auf Verdacht

Wegen des EU-Gipfels in Brüssel sind Belgien, Frankreich, Luxemburg und Holland für mindestens 29 Berliner in den nächsten Tagen tabu. Betroffene ziehen vor Gericht

„Der Geltungsbereich Ihres Reisepasses (. . .) wird dahin gehend beschränkt, dass der Pass nicht für Reisen nach Belgien, Niederlande, Luxemburg und Frankreich gilt. Diese Beschränkung hat zur Folge, dass Ihnen die Ausreise in die genannten Länder (. . .) auch mit dem Personalausweis untersagt wird. Diese Maßnahme ist bis zum 15. 12. 2001 befristet.“

Diese in schönsten Beamtendeutsch gehaltene Verfügung des Berliner Einwohnermeldeamtes haben in den letzten Tagen nach taz-Informationen mindestens 29 Bewohner der Hauptstadt erhalten. Der Ermittlungsausschuss spricht gar von über 50 Fällen.

Ähnlich wie im Vorfeld der Proteste in Genua sind auch diesmal im Vorfeld der geplanten Demonstrationen gegen den EU-Gipfel in Belgien wieder Ausreiseverbote auf Verdacht verhängt worden. Die Begründung lautet: „Nach Erkenntnissen der Berliner Polizei sind Sie in der Vergangenheit mehrfach durch gewalttätiges Verhalten auffällig geworden und gehören somit zum Kreis der Globalisierungsgegner.“

Wie im Juli sind auch diesmal Personen von den Verfügungen betroffen, die weder rechtskräftig verurteilt worden sind noch ein Strafverfahren hatten. Einige Betroffene erklären sich die Auflagen so, dass sie einmal bei einer Polizeikontrolle registriert wurden. Andere wissen überhaupt nicht, wie sie auf die Liste gekommen sind.

Anders als im Vorfeld von Genua sind dieses Mal keine Meldeauflagen verhängt worden. Außerdem sind die Einreiseverbote diesmal nur auf die Länder Belgien, Frankreich, Luxemburg und die Niederlande beschränkt. Im Sommer war der Grenzübertritt generell für mehrere Tage untersagt worden. Nur allzu gut in Erinnung ist noch der Ausspruch von Innensenator Ehrhart Körting (SPD), der im Vorfeld von Genua festgestellt hatte: „Es gibt kein Grundrecht auf Ausreise.“

Im Sommer wurden die Ausreiseverbote von zwei Gerichtsinstanzen bestätigt. Jetzt wollen einige Betroffene das Berliner Landesverfassungsgericht anrufen. Schließlich seien die Begründungen für die freiheitseinschränkenden Maßnahmen extrem knapp und allgemein gehalten, sagt Rechtsanwalt Benjamin Raabe, der mehrere Betroffene vertritt. Außerdem gehen Sicherheitsexperten davon aus, dass anders als in Italien in der belgischen Haupstadt nicht mit militanten Protesten zu rechnen ist. Doch ob die juristischen Auseinandersetzungen noch vor Ende des Protestes in Brüssel abgeschlossen sein werden, ist unklar. Die Zeit wird knapp. Erst gestern Abend wurde mit einer Entscheidung in erster Instanz gerechnet. Heute soll der erste von den GlobalisierungsgegnerInnen gemietete Bus zu den Protesten losfahren.

PETER NOWAK

Die Rote Hilfe Berlin lädt alle von den Ausreisebeschränkungen Betroffenen am Mittwoch, den 12. 12. 01, um 18 Uhr ins Intercambio, Kreutzigerstraße 18, Friedrichshain, ein.

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