Für eine Fahrt in die Heide

■ Taxiruf führt auf die Anklagebank: Mammutprozess wegen Bestechlickeit gegen UKE-Pförtner

Die Justiz ist überlastet. Dennoch wundert es, welchen Elan derweil Richter und Staatswälte entwickeln, um Bagatellen zu verfolgen. So im Verfahren gegen den Ex-Chefpförtner der Hauptpforte der Uniklinik Eppendorf, Hans-Werner K.. Da der 50-Jährige für die Vermittlung von Taxifahrten Gelder in Höhe von nicht einmal 200 Mark angenommen haben soll, droht nun ein Mammutprozess wegen Bestechlichkeit.

Dabei hatte der Poker von Amtsrichterin Gudrun Stöhr seine Wirkung nicht verfehlt. Da der Angeklagte anfänglich vom Recht zu schweigen Gebrauch machte, drohte sie mit zwölf Verhandlungstagen. Daraufhin war K. zu Angaben bereit. Ja, er hätte gelegentlich bestimmte Taxifahrer direkt angerufen und nicht einen Wagen über die Lichtzeichenanlage an der Loge aus der Warteschlange des gegenüberliegenden Taxistand geordert. „Wenn die Stationsschwester ihn angefordert hat“, sagt K., „und wenn eine Schwester einen netten Fahrer verlangt hat oder kein versifftes Auto wollte.“ K. beteuert: „Ich habe dafür nie Geld bekommen.“

Sieben Einzelfälle listet indes die Anklage für den Sommer 1999 auf. Darunter zwei vermittelte Fahrten in die Heide in Höhe von 240 Mark, wofür K. als „Provision 40 Mark erhalten haben könnte“. Anonsten geht es um kurze Stadtfahrten, für die K. Beträge in Höhe von vier Mark bekommen haben soll.

Herausgekommen sind die Fremdorderungen der Droschken, weil das UKE im Zuge der Privatisierung des Pförtnerdienstes die Hauptpforte Martinistraße observieren ließ, sowie illegal und ohne Kenntnis des Personalrats die Telefone angezapft hatte. Dass tatsächlich Geld geflossen ist, ist nie beobachtet worden. Dennoch sind alle acht UKE-Pförtner – trotz Widerspruchs des Personalrats – gefeuert worden. Der private Wachdienst konnte Einzug halten.

Dass nicht immer getreu nach Dienstvorschrift von den Pförtnern vorgegangen worden ist, ist UKE-intern länger bekannt. Oft galt es Wünsche der Stationen oder Patienten zu erfüllen, oft waren auch für die Anfahrt zu den Stationen bestimmte Ortskenntnisse auf dem UKE-Gelände erforderlich. Und wenn da mal eine lukrative Tour herausgesprungen ist, hat natürlich auch mal ein Droschkenfahrer Tage später einen Obulus in die Kaffeekasse getan. Dienstpflichtverletzung oder Bestechung? Die Justiz will der Sache nun doch erbarmungslos durch eine umfangreiche Beweisaufnahme auf den Grund gehen, eine Einstellung des Verfahrens käme nicht in Frage. Zehn Prozesstage hat Stöhr zunächst angesetzt. Kai von Appen