: Türken an der Weser
■ Studie beweist: Wirtschaftskraft türkischer Unternehmen stärkt Bremen
Bremen profitiert von seinen Türken – das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie. „Die wirtschaftliche Kraft der türkischen Unternehmen ist nicht zu unterschätzen“, sagt die Bremer Ausländerbeauftragte Dagmar Lill. Sie hat die Studie beim Zentrum für Türkeistudien der Universität-Gesamthochschule Essen in Auftrag gegeben.
Die Ergebnisse stellte der Direktor des Essener Zentrums Prof. Faruk Sen gestern im Rahmen der Veranstaltungsreihe „40 Jahre Migration aus der Türkei“ vor. Türkische Wirtschaftskraft liegt inzwischen längst nicht mehr nur bei den augenfälligen Dönerbuden, Lebensmittelläden oder Schneidereien: Laut Studie seien zunehmend Existenzgründungen im Dienstleistungsbereich, im Baugewerbe und im Handwerk zu verzeichnen.
Der Großteil der rund 1.000 türkischen Unternehmen in Bremen habe sich gut in das deutsche Wirtschaftsnetz eingefügt, so Sens Fazit. Dass ein türkisches Geschäft nur türkische Lieferanten und türkische Kunden hätte, komme kaum noch vor: „Nur noch jedes zehnte Unternehmen gewinnt ihre Kunden aus der eigenen Ethnie, mehr als 75 Prozent der Betriebe bedienen inzwischen ebenso viele deutsche wie türkische Kunden, zwei Drittel leben sogar hauptsächlich von deutscher Kundschaft.“ Vergleichbar sei die Situation bei den Lieferanten. Hier halten sich deutsche und türkische Lieferanten die Waage.
Eine türkisch-deutsche Erfolgsstory ist die der Brüder Aktas, deren Jüngsten Lill und Sen gleich mitgebracht haben: Hasan Aktas ist Prokurist der Lebensmittel-Firma Efefirat, im Untertitel: „Feinkost-Spezialitäten“. Das Achimer Unternehmen mit Niederlassungen in Hannover, Hamburg, Dortmund und Bremen beschäftigt rund 60 MitarbeiterInnen. Sie produzieren türkische Spezialitäten für den deutschen Markt – Efefirat-Produkte sind inzwischen in vielen Supermärkten zu finden. Und sie kommen längst nicht mehr ausschließlich vom Bosporus: „Nur gut fünf Prozent unserer Produkte kommen aus der Türkei“, sagt der Prokurist, „alles andere kommt aus Deutschland und der EU.“
Der Umsatz eines türkischen Unternehmens in Bremen liegt bei durchschnittlich 715.000 Mark pro Jahr. Rund 4.000 Arbeitsplätze haben türkische Chefs in Bremen geschaffen, hinzu kommen zahlreiche Ausbildungsplätze.
Ein Problem sehen Dagmar Lill und Faruk Sen darin, dass türkischstämmige ExistenzgründerInnen selten professionelle Beratungsangebote annehmen. Offenbar gebe es Hemmungen gegenüber deutschen Institutionen. Deshalb plädieren Lill und Sen für eine Anlaufstelle, die als Brücke zwischen ExistenzgründerIn und Behörde dienen soll. Dagmar Lill: „Über die Einrichtung einer solchen Stelle muss noch verhandelt werden.“
Katharina Borchardt
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