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Patient „auffallend ruhig“

Tod durch gewaltsame Brechmittelvergabe: Bundesverfassungsgericht hält Praxis für noch klärungswürdig. Beteiligten Ärzten droht jetzt ein standesrechtliches Verfahren

HAMBURG taz ■ Heute wird der Obduktionsbericht veröffenlicht. Er soll Aufschluss darüber geben, wie ein 19-jähriger Kameruner starb, dem am Sonntag am Rechtsmedizinischen Institut in Hamburg gewaltsam Brechmittel eingeflößt worden war. Fest steht: Der Mann brach zusammen, nachdem ihm über eine Magensonde „mexikanischer Sirup“ verabreicht worden war.

Inzwischen hat der ärztliche Direktor des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf bestätigt, dass die beteiligten ÄrztInnen noch eine Zeitlang um den am Boden Liegenden herumstanden und erst die Notfallversorgung einleiteten, als sie merkten, dass der Patient „auffallend ruhig war“.

Eine höchstrichterliche Entscheidung darüber, ob der Einsatz von Brechmittel rechtmäßig ist, gibt es bisher nicht. Als bislang oberste Instanz lehnte das Oberlandesgericht Frankfurt Brechmittel ab. Das Bundesverfassungsgericht nahm im September 1999 eine Verfassungsbeschwerde zu dem Thema nicht an und erklärte bloß, es habe keine grundsätzlichen Bedenken. Gestern aber betonte das oberste Gericht, dass das nichts darüber aussage, „inwieweit eine zwangsweise Verabreichung mit Blick auf den Schutz der körperlichen Unversehrtheit und auf die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs zulässig ist“.

In der Hansestadt sind daneben zur Zeit vor allem standesrechtliche Maßnahmen gegen beteiligte MedizinerInnen im Gespräch. Die „Ärzte-Opposition“ fordert, gegen den Direktor des Rechtsmedizinischen Instituts ein Berufsordnungsverfahren einzuleiten. Die gewaltsame Brechmittelgabe erfülle den Tatbestand der vorsätzlichen schweren Körperverletzung. Es sei Folter, weil man damit „Beweis führen will unter körperlicher Qual des Delinquenten“. Auch die Ärztekammer fordert den sofortigen Stopp der Brechmittelvergabe unter Gewalt. Ein berufsrechtliches Verfahren werde aber nicht eingeleitet.

Der Senat lässt sich in seiner Linie nicht beirren. Es gibt in Hamburg noch kein rechtskräftiges Urteil gegen einen durch derartige Einsätze überführten Rauschgifthändler. Und nur zwei der rund 30 Männer, denen seit Sommer Brechmittel verabreicht wurde, wurden daraufhin angeklagt. Bevor Brechmittel zugelassen wurde, hatte es zur Überführung der Dealerei bereits ausgereicht, wenn Polizisten Schluckbewegungen beobachtet hatten. ELKE SPANNER

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