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Sorgloser telefonieren

Rot-Grün novelliert die Herausgabepflicht von Telekom-Daten: Richter dürfen sie nur bei Straftaten von „erheblicher Bedeutung“ anfordern

FREIBURG taz ■ Unbemerkt von der politischen Öffentlichkeit hat der Bundestag schon am 30. November die Auskunftspflicht über Telekom-Verbindungsdaten neu geregelt und dabei sogar den Datenschutz etwas verbessert.

Die alte Regelung stammte noch aus dem Jahr 1928. Im Fernmeldeanlagengesetz (Paragraf 12) hieß es bisher, dass der Richter „in strafrechtlichen Untersuchungen“ die Herausgabe der Verbindungsdaten verlangen kann. Damit war die Eingriffschwelle denkbar niedrig, es genügte der Verdacht jeder beliebigen Straftat, um herauszufinden, wer mit wem wie lange telefoniert hat.

So ordnete im April dieses Jahres der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof an, dass das Bundeskriminalamt die vollständigen Mobilfunkdaten mehrerer Tage in einer bestimmten Ortschaft bekommen sollte, um militante Castor-Gegner überführen zu können. Sie wurden verdächtigt, zuvor mit Hakenkrallen in der Oberleitung den Zugverkehr unterbrochen zu haben, um einen Castor-Transport zu behindern. Die Ermittler nahmen an, dass die Täter sich dabei über Mobilfunk verständigten und wollten herausfinden, ob die im fraglichen Zeitraum am fraglichen Ort benutzten Geräte bekannten Personen der autonomen Szene zuzurechnen sind.

Derartige Ermittlungen werden auch künftig möglich sein. Allerdings wird die Herausgabepflicht auf Straftaten von „erheblicher Bedeutung“ eingeschränkt. Damit reagiert die Koalition auf langjährige Kritik von Datenschützern an der alten FAG-Regelung, die als „uferlos“ angesehen wurde. Zuletzt galt die Bestimmung nur noch zeitlich befristet und wäre Ende des Jahres ausgelaufen.

Auch die etwas strengere Neuregelung, die jetzt in die Strafprozessordnung eingefügt wurde, ist allerdings bis Ende 2004 befristet, da Rot-Grün ohnehin eine Überprüfung der Abhörpraxis in Deutschland plant. CHRISTIAN RATH

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