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Nordallianz brüchig

USA ergreifen Partei für eine Seite und verstärken Bombenangriffe auf mutmaßliches Versteck Bin Ladens. Kontroverse über Aufenthaltsort

KABUL/ISLAMABAD dpa ■ Nach der Veröffentlichung des Ussama-Bin-Laden-Videos haben die USA ihre Bombenangriffe auf das mutmaßliche Versteck des Terroristenanführers verstärkt. US-Flugzeuge griffen die Berghöhlen von Tora Bora in Afghanistan mit Flächenbombardements an. Die Luftangriffe wurden gestern fortgesetzt. Gewaltige Lichtblitze über dem Boden deuteten darauf hin, dass die USA auch wieder die gefürchtete Benzinbombe vom Typ „Daisy Cutter“ einsetzten, berichtete die britische BBC.

Die Kontroverse darüber, ob Bin Laden sich überhaupt noch in Tora Bora befindet, hielt an. Die in Pakistan ansässige afghanische Nachrichtenagentur AIP berichtete unter Berufung auf Gewährsleute in der Region, Bin Laden habe Tora Bora nahe der pakistanischen Grenze schon am 26. November verlassen. Die USA hatten ähnliche Berichte zuvor schon zurückgewiesen und vermuten den Anführer der Terrorgruppe al-Qaida weiter in Afghanistan. „Er ist immer noch in der Region Tora Bora“, sagte US-Sprecher Kenton Keith gestern in Islamabad. Beobachter werteten die Tatsache, dass die etwa 2.000 al-Qaida-Terroristen in Tora Bora erbitterten Widerstand leisten, als Hinweis, dass Bin Laden sich in ihren Reihen befinden könnte. Die USA verstärkten nach Angaben der BBC ihre Bodentruppen in der Region. Die Terroristen werden in zwei Tälern vermutet, die von Bodentruppen örtlicher paschtunischer Milizen abgesperrt wurden. Die Paschtunenmilizen kämen nur sehr langsam voran und stießen auf starken Widerstand, berichtete der BBC-Reporter.

In der Nordallianz ist es nach AIP-Angaben zu einem Bruch gekommen. Die USA hätten mit Luftangriffen nördlich von Kabul die Truppen des nominellen Präsidenten Afghanistans, Burhanuddin Rabbani, gegen den Milizenführer Sajed Dschafer Naderi unterstützt, berichtete AIP. Rabbanis Leute und Naderi kämpften um die Stadt Pul-e-Chumri 250 Kilometer nördlich von Kabul. Naderi gilt als Verbündeter des usbekischen Generals Abdul Raschid Dostum, der ebenfalls zur Nordallianz zählt. In der Bevölkerung Afghanistans wächst die Furcht, dass die Nordallianz nach dem Sieg über die Taliban zerbrechen und es wie zwischen 1992 und 1996 zum Bürgerkrieg kommen könnte.

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