: Kein Fortschritt bei der Verteidigungspolitik
Belgiens Außenminister Louis Michel war zu optimistisch: Eine gemeinsame EU-Truppe für Afghanistan steht noch nicht
LAEKEN taz ■ Mit seiner Ankündigung, im Falle eines entsprechenden UN-Mandats würden sich alle EU-Länder an einer Friedenstruppe für Afghanistan unter britischem Oberbefehl beteiligen, ist der belgische Außenminister Louis Michel offensichtlich übers Ziel hinausgeschossen. In einer Pressekonferenz am Freitagmittag hatte er von einem „Wendepunkt“ in der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU geschwärmt und mehrfach betont, auch die vier neutralen EU-Staaten, Irland, Schweden, Österreich und Finnland, würden sich an der 3.000 bis 4.000 Mann starken Truppe beteiligen.
Der außenpolitische Vertreter der Staats- und Regierungschefs, der erfahrende Diplomat und ehemalige Nato-Generalsekretär Javier Solana, hörte den Worten des noch bis Ende des Monats amtierenden Ratsvorsitzenden Louis Michel sichtlich entspannt zu. Beide vermittelten den Eindruck, die Truppe sei beschlossene Sache. Im Lauf des Abends wurde deutlich, dass keineswegs alle Länder fest zugesagt haben. Auch die ständige Krisentruppe, die ab 2003 für Einsätze in Krisengebiete 60.000 Soldaten bereitstellen soll, ist nur theoretisch einsatzbereit. Denn Griechenland blockiert weiterhin eine Einigung mit der Türkei über die Frage, ob im Ernstfall Nato-Einrichtungen benutzt werden dürfen.
Angesichts dieses Durcheinanders an Interessen und Kompetenzen erhält eine Frage in der Laekener Erklärung großes Gewicht: Wie kann künftig sichergestellt werden, dass die EU in außenpolitischen Fragen mit einer Stimme spricht? Die Überschneidung der Aufgabenbereiche des für Außenbeziehungen Zuständigen in der Kommission und des außenpolitischen Vertreters im Rat muss ein Ende haben, da sind sich Kenner der Materie einig.
Sollte jemand Zweifel daran haben, dass eine Reform der EU-Institutionen überfällig ist, braucht er nur einen Blick in die Abschlusserklärung des Laekener Gipfels zu werfen. Dort heißt es: „Durch die ständige Entwicklung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die Stärkung ihrer zivilen und militärischen Strukturen ist die EU nun in der Lage, einige Krisenbewältigungseinsätze durchzuführen.“ Ein Satz, der die Leser ratlos lassen dürfte. In verständliches Deutsch übersetzt, lautet er: In Fragen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik sind die Staatschefs in Laeken keinen Zentimeter vorangekommen. DANIELA WEINGÄRTNER
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