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Wer wird Regierender Popstar?

Klaus Wowereit gilt als „regierender Partymeister“, Gregor Gysi als König der Talkshows. Doch zwei Glamourboys sind einer zu viel für Berlin

von ROBIN ALEXANDER

Natürlich bleibt Klaus Wowereit auch in einer SPD/PDS-Koalition Regierender Bürgermeister. Das ist ja klar. Aber bleibt er auch „regierender Partymeister“? Wenn Gregor Gysi als sein Stellvertreter auch auf die lokale Bühne zurückmuss, ist ein neues Duell eröffnet – die Rampenlichtfrage. Wer zieht mehr Öffentlichkeit auf sich? Dies ist nicht nur ein Problem der bei beiden reichlich vorhandenen persönlichen Eitelkeit. Medieninteresse ist eine wichtige Ressource in der politischen Auseinandersetzung. Welcher Politiker repräsentiert die Hauptstadt in Zukunft in den Talkshows? Mit wem identifizieren sich die Berliner?

Der gelernte Selbstdarsteller Gysi war schon auf Bundesebene eine intellektuelle Ausnahmeerscheinung. Wowereit spielt in der Landesliga. Aber der vor wenigen Monaten selbst in Berlin nur Insidern Bekannte hat eine atemberaubende Metamorphose zum Prominenten hinter sich: Als bekennender Homosexueller kam er in die Schlagzeilen. Danach stürzte er den Senat, siegte in Wahlen, ließ sich vom Kanzler Koalitionsverhandlungen aufzwingen und diese fulminant platzen und hatte immer Zeit für große Auftritte: auf der Bambi-Verleihung hielt er Sektflöte und roten Damenpumps in die Kamera, auf der Aidsgala präsentierte er seinen Freund. Wowereit sucht das Blitzlicht mit Kalkül: Ein Hauptstadtbürgermeister, so glaubt er, muss anders daherkommen als ein Dorfschulze.

Wowereits Show funktionierte im Wahlkampf aber erst, als Gysis Späßchen nach dem 11. September an Charme verloren hatten. Aber spätestens seit Rot-Rot verhandelt wird, ist Gysi wieder da: Kameras und Mikrofone verfolgen jedes Zucken seiner Mundwinkel, immer in Erwartung eines Bonmots. Diese Hoffnung trügt selten. Da kann Wowereit nicht mithalten. Er selbst gibt sich gelassen angesichts der Tatsache, dass sein Stellvertreter in spe ihm schon jetzt die Schau stiehlt. Aber Wowereit-Vertraute ziehen über ihn her. Und die Gysi-Crew stichelt zurück.

Noch kommt das launig daher, aber der Ton ist bereits schärfer geworden. Am meisten ärgert die Wahlsieger von der SPD, dass sich Gysi für die eigentliche Nummer eins hält. Mit Gysi sei „die Nummer zwei mindestens so viel wert wie die Nummer eins“, sagt ein enger Mitarbeiter. Ihn nachhaltig auf den Teppich zu holen ist Teil der Verhandlungsstrategie: Zwar wird er nicht Justizsenator, wie Wowereit am Wochenende gewitzelt hatte. Aber auch im angestrebten Amt des Kultursenators oder des Wirtschaftssenators werde sich Gysi „noch umgucken“. Wowereit sei gerade in den Themenfeldern Kultur und Finanzen „fachlich deutlich sattelfester als Gysi“ und durchaus gewillt, dies ihn und die Öffentlichkeit spüren zu lassen. Notfalls will man Gysi, wie ein senatserfahrener SPDler meint, „die lettischen Delegationen und die deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger begrüßen“ lassen. Spätestens dann wird ihm der Spaß vergehen.

Seit Gysi bemüht ist, selbst in Koalitionsrunden hinter verschlossenen Türen den Ton anzugeben, verstehen sogar seine eigenen Leute die Sorgen ihrer potenziellen Senatspartner. Während die Landespolitiker um Halbtagsstellen feilschen, begründet Gysi wortreich seine Idee einer „Honoratiorenkommission“, die sich Gedanken zur Funktion einer Hauptstadt in Deutschland machen soll.

„In zwei Jahren ist der Spuk vorbei“, tröstet man sich im Roten Rathaus. Diese Frist hat Gysi selbst ins Gespräch gebracht. Bis dahin aber bleibt viel Zeit für große Auftritte – für Gysi und für Wowereit.

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