: Tat ohne Reue
■ Neonazi wegen Verprügelns eines Polizisten zu 15 Monaten Haft verurteilt
Kein Wort des Bedauerns, keine Zeichen des Mitgefühls für seine Tat und für seine Opfer kam während der drei Verhandlungstage von Alexander Schlichting. Gestern verurteilte das Schöffengericht am Amtsgericht Itzehoe den 23-jährigen Neonazi zu einen Jahr und drei Monaten Freiheitsstrafe. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass das bereits wegen Körperverletzung vorbestrafte Mitglied der rechtsextremen „Kameradschaft Pinneberg“ am 17. April 2001 auf einer Geburtstagsfeier im Clubheim TSV Ellerbek im Kreis Pinneberg einen Band-Sänger und einen Polizeibeamten angegriffen und verletzt hat.
Mit dem Strafmaß wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen blieb die Kammer des Gerichtes allerdings unter den Forderungen von Staatsanwalt Carsten Ohlrogge und Nebenkläger Christoph Heer. Wegen der großen Brutalität und der mangelnden Reue des Täters hatten beide eine höhere Haftstrafe gefordert.
Bei der Verhandlung sagten etliche Zeugen aus, das Schlichting an dem Abend des Ostersonntags den Band-Sänger Till S. angegriffen hatte, nachdem dieser „Nazis raus“ gesungen hatte. Denn die an die 20 auf der Fete erschienenen Neonazis waren nicht zu der Privatparty, wo die Band spielte, eingeladen gewesen. Als danach mehrere Polizeistreifen anrückten, da ein 23-jähriger Mann bei der Polizeiwache Ellerbek eine Anzeige wegen Körperverletzung gestellt hatte, und sie den Täter feststellen wollten, umzingelten einige Neonazis den Polizeimeister Nico G.. Sofort schlugen sie mit Flaschen und Stühlen auf ihn ein. Als er verletzt zu Boden ging, griffen sie ihn immer wieder mit Stühlen und Tritten an. Auch hierbei beobachteten mehrere von den etwa 60 Gästen, wie Schlichting mit einem Stuhl nach dem Beamten schlug. Der Polizeimeister erlitt schwere Kopf- und Wirbelsäulenverletzungen.
Ohne Erfolg hatte Schlichtings Verteidiger, der Hamburger Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger, immer wieder versucht alle Zeugen als „nichtglaubhaft“ und als „bewusst lügend“ darzustellen. Rieger verstieg sich gar dazu, dass die Polizei bei den Ermittlungen die Aussagen eines Aussteigers aus der rechten Szene „bewusst beeinflusst“ hätten. Andreas Speit
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen