: Japan: Kein Wachstum
Regierung will 62 der 163 staatlich gestützten Unternehmen privatisieren. Zentralbank stellt frisches Geld bereit. Experten bezweifeln Erfolg
von BEATE WILLMS
Die Reaktion der Märkte war bezeichnend: Nachdem die japanische Zentralbank (BoJ) gestern verkündet hatte, noch mehr Geld in die Wirtschaft zu pumpen, legten der 225 Werte umfassende Nikkei und der breiter gefasste Topix umgehend zu – allerdings nur um knappe 0,4 Prozent. Man sehe, dass die BoJ sich bemühe, hieß es an der Tokioter Börse. Das werde zumindest symbolisch honoriert. Kaum beachtet wurde dagegen der Kabinettsbeschluss, 62 der 163 staatlich gestützten Unternehmen aufzugeben oder zu privatisieren.
Dass die erneute Lockerung der Geldpolitik das Land aus der Rezession hieven kann, glaubt jedoch niemand, zumal sie von der angekündigten Privatisierungspolitik unterlaufen zu werden droht: Es ist schwer nachzuvollziehen, warum die Regierung zumindest auf längere Sicht auch die noch acht staatlich gestützten Banken verkaufen will. Zugleich nämlich steht die Regierung unter dem Druck, die großen privaten Banken unter ihre Fittiche zu nehmen.
Immerhin versucht es die BoJ, die ihre zinspolitischen Möglichkeiten mit einem derzeitigen Schlüsselzins von 0,1 Prozent ausgereizt hat, nun mit neuen Varianten. Gouverneur Masaru Hayami will die Kreditvergabe der Banken beleben, indem er den Bestand der Zentralbankreserven für Geschäftsbanken von offiziell 6 Billionen auf „10 bis 15 Billionen Yen“ (129 Milliarden Euro) und den Rückkauf von Staatsanleihen um ein gutes Drittel auf monatlich 800 Milliarden Yen erhöht. Dass die Geschäftsbanken angesichts des faktischen Nullzinsniveaus jedoch überhaupt einen Anreiz haben, die liquiden Mittel als Kredite an Unternehmen und Privathaushalte weiterzugeben, bezweifeln Experten.
Für das zweite große Problem Japans, die Deflation, sehen die Notenbanker offenbar gar keine Lösung. Dem Drängen der Regierung, den Yen durch Ankauf ausländischer Anleihen unter Druck zu setzen und damit die Exportwirtschaft auf die Sprünge zu helfen, wollten sie jedenfalls nicht nachgeben. Aus gutem Grund: Solche Aktionen funktionieren nur mit internationalen Absprachen. Und die dürften im Moment beispielsweise mit den USA, die selber in Schwierigkeiten stecken, nur schwer zu machen sein.
Das ändert nichts daran, dass der Druck von innen und außen immer stärker wird. Gestern revidierte nun auch die Regierung ihre Prognose für 2002: Erstmals in der Geschichte des Landes geht sie schon bevor das Jahr begonnen hat davon aus, dass es kein Wachstum geben wird. Allerdings plant sie mit einer Stagnation, die frühestens 2003 überwunden wird. OECD, IWF und Weltbank hatten in den letzten Wochen sogar ein Minus von 0,1 bis 1,3 Prozent vorhergesagt.
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