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Rabatt im Klinik-Supermarkt

Hamburgs Krankenhäuser und Kassen machen einen Schnitt: Mehr Tumore werden künftig billiger operiert  ■ Von Sandra Wilsdorf

Der Basar der Gesundheit wird zum Supermarkt der Operationen, mit festen Preisen für bestimmte Produkte und Mengenrabatt, für den, der gleich besonders viel kauft. Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) und Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) nehmen jetzt in Hamburg vorweg, was mit dem System der Fallpauschalen bundesweit frühestens 2003 eingeführt werden soll.

Dann nämlich soll es für jede Leistung einen bestimmten Preis geben. Die Zeiten der tageweisen Pflegesätze sind dann vorbei und auch das alljährliche Gefeilsche von Kassen mit Krankenhäusern um Budgets, dann wird um Mengen verhandelt. Für einen Herzinfarkt zum Beispiel zahlt dann jede Kasse jeder Klinik gleich viel. Die Frage wird sein, ob das Haus zu diesem Preis existieren kann. Was nun in Hamburg ausgehandelt wurde, nennt LBK-Vorstandssprecher Heinz Lohmann, „einen kleinen Schritt für uns, aber einen großen Schritt für das Gesundheitssystem“.

Es geht um die Entfernung von Blasentumoren: Dafür ist das AK Barmbek mit Video und minimal-invasiver Lasertechnik modernst ausgestattet. Die DAK hat nun für ihre Versicherten unter anderem vereinbart, dass diese spätestens am zweiten Tag des Krankenhausaufenthaltes unter Einsatz dieser Technik operiert werden, dass sie maximal im Dreibett-Zimmer liegen und nach sechs Tagen entlassen werden, wenn alles normal verläuft. Ist danach noch eine ambulante Betreuung nötig, kümmert sich auch darum der LBK. Nach drei Monaten gibt es eine Nachuntersuchung durch den Klinikarzt, wird in dieser Zeit ein weiterer stationärer Aufenthalt erforderlich, zahlt der LBK aus eigener Tasche.

DAK und LBK haben feste Preise pro OP vereinbart. Werden es mehr als die avisierten 80 Operationen bei Blasentumor, bekommt die Kasse bis zu 20 Prozent Rabatt. „Integrierte Versorgung“ nennt sich das System, die Vorstände von Kasse und LBK loben Transparenz und Qualität. „Wird das Angebot angenommen, profitieren beide, der LBK durch eine höhere Auslas-tung und die DAK durch Rabatte“, sagt Eckhard Schupeta, stellvertretender Vorstandschef der DAK. Eine Bevormundung der Versicherten will er daran nicht sehen: „Wir informieren nur. Natürlich kann der Versicherte mit anderen Häusern vergleichen, und wir lassen ihm die Wahl.“

„Wir gehen davon aus, dass wir demnächst auch mit anderen Kassen solche Verträge schließen werden“, sagt Lohmann. Die Hälfte aller Leistungen könnte der LBK kurzfristig auf diese Weise abrechnen. Er hofft, dass diesem Signal nun „bei den Politikern der Mut folgt, die Budgets abzuschaffen“. Daran hielten sie nur fest, weil sie fürchten, dass ohne Budgets die Kosten unkontrolliert explodierten.

Aus einem machen weder Schupeta noch Lohmann einen Hehl: Das neue System wird zu Konzentrationen auf weniger und größere Krankenhäuser führen. „Das ist auch gewollt, denn das erhöht die Produktivität, und das hat etwas mit Qualität zu tun“, sagt Schupeta.

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