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Therapie auch für die Schuldigen

Es war wohl, als hätte man den Stöpsel rausgezogen. Holger Lüring, ein Serientäter und Schwerverbrecher, hat – gefragt nach seiner Geschichte – geredet wie ein Wasserfall. Am Ende kamen die Gutachter zu dem Schluss, dass er zwar „dissozial“, aber keineswegs krank sei.

In der Psychatrie hätte er die Möglichkeit zur Therapie gehabt. Ob ihn das gebessert hätte, weiß keiner. Die Zeit, die er im herkömmlichen Knast und in Sicherungsverwahrung verbringen wird, wird ihn bestimmt nicht bessern. Ob er einen Platz in der sozialtherapeutischen Anstalt bekommt, steht in den Sternen. Die Pflicht der Länder, für einen solchen Platz zu sorgen, wurde vor 20 Jahren aus dem Gesetzbuch wieder gestrichen. Zu teuer. In Bremen wird stattdessen der Weg zum Massenknast beschritten.

Lüring hat, so drückte sich der Richter aus, einen Hang zum Verbrechen, aus dem ihn viele Jahre Knast bisher nicht reißen konnten. Da wird der Ruf nach Wegsperren, und zwar ein für allemal, zwingender. Ob es einem passt oder nicht: Die neuen Möglichkeiten des DNA-Abgleichs werden mehr Serientäter entlarven als das Leuten mit einem hoffnungsvollen Menschenbild recht ist. Ob die Täter wirklich unverbesserlich sind, weiß man erst, wenn man ihnen das Recht zugesteht, sich ihr Leben samt seinen schweren Vergehen vor Augen zu führen. Therapie muss möglich sein, nicht nur für Kranke in der Psychatrie, sondern auch für voll schuldfähige, für sich und ihre Taten verantwortliche Menschen.

Elke Heyduck

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