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Weniger ist mehr als viel weniger

In der Bildung errechnet sich Rot-Rot das Kürzen als Erfolg. Von 2.150 wegfallenden Lehrerstellen bleiben 1.040. Kitas gehen zu zwei Dritteln an die Wohlfahrtsverbände und müssen sparen. Und die strittige Frage des Religionsunterrichts wurde vertagt

von SABINE AM ORDE

Wo fängt das Sparen an? Wenn Personalstellen, die ihre ursprüngliche Aufgabe verloren haben, wegfallen? Oder erst, wenn andere Stellen und Mittel gestrichen werden? An dieser Definitionsfrage dürfte sich entscheiden, ob die künftige rot-rote Koalition in Sachen Schule des Wahlbetrugs bezichtigt wird. Denn beide Parteien hatten vor der Wahl versprochen: Bei der Bildung wird nicht gespart. Fakt ist: von den 2.150 Lehrerstellen, die bis 2006 durch den Rückgang der Schülerzahlen frei werden, sollen 1.040 Stellen für pädagogische Verbesserungen eingesetzt werden. Das ist gerade mal knapp die Hälfte, aber immerhin fast 200 Stellen mehr, als die Ampel erhalten wollte. In der Rhetorik der künftigen Koalition ist das kein Sparen.

Mit diesen Stellen sollen 30 neue Ganztagsgrundschulen finanziert werden, vor allem in sozialen Brennpunkten. Bislang gibt es 18 solcher Ganztagsgrundschulen in Berlin. In allen anderen Grundschulen wird bis 2006 die verlässliche Halbtagsbetreuung von 7.30 bis 13.30 Uhr eingeführt. Gleichzeitig werden aber auch 300 Lehrerstellen gestrichen: durch eine zehnprozentige Verringerung der so genannten Anrechnungs- und Ermäßigungstunden.

Die Koalition will die Schulzeit verkürzen. Ob diese aber generell für alle auf zwölfeinhalb Jahre verringert wird, oder wahlweise 12 oder 13 Jahre andauern kann, wird noch geprüft. Die sechsjährige Grundschule bleibt erhalten. Beim Religionsunterricht konnten sich SPD und PDS nicht einigen. Das Thema wird im Koalitionsvertrag gar nicht vorkommen. Es soll noch einmal „breit diskutiert werden“, so Carola Freundl (PDS).

Bei den Kindertagesstätten sollen künftig zwei Drittel der Plätze von freien Trägern betrieben werden, ein Drittel bleibt bei den Bezirken. Bislang ist das Verhältnis umgekehrt. Die Ampel wollte alle Kitas privatisieren. Bei den ganz Kleinen wird es auf Betreiben der SPD Einsparungen geben, die „vielen in der PDS Bauchschmerzen machen“, wie Freundl es nennt. Hier sollen 850 Stellen gestrichen werden. Ein Beispiel: In den Kitas muss eine Erzieherin künftig nicht mehr 16, sondern 21 Kinder betreuen.

Der amtierende GEW-Chef Dieter Haase hält das für „absolut kontraproduktiv“. Die Schülervergleichsstudie Pisa habe doch gerade gezeigt, wie wichtig frühkindliche Bildung sei. Auch sonst Haases Urteil klar: „Kürzungen heißt Wahlbetrug.“

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