: Schutztruppe: UNO einig, Afghanen nicht
Vor Sicherheitsratsresolution über ein robustes Mandat für die geplante UN-Schutztruppe in Afghanistan bekräftigt die designierte afghanische Regierung ihren Wunsch, die Rolle der Truppe möglichst einzuschränken. Geberländer besorgt
NEW YORK/BRÜSSEL afp/rtr/taz ■ Zwei Tage vor dem Antritt der afghanischen Übergangsregierung hat sich die UNO angeblich auf das Mandat für eine internationale Friedenstruppe geeinigt. Die Abstimmung darüber wurde für die Nacht zu heute erwartet, nachdem die fünf ständigen Ratsmitglieder den Entwurf den zehn anderen vorgelegt hatten. Dem Resolutionsentwurf zufolge sollen die Soldaten der „International Security Assistance Force“ (ISAF) für die Sicherheit in der Hauptstadt Kabul und Umgebung zuständig sein. Gemäß Artikel VII der UN-Charta soll der Truppe im Ernstfall der Waffengebrauch erlaubt sein. Die Entsendung ist zunächst auf sechs Monate befristet.
Der britische Außenminister Jack Straw hatte am Mittwoch in einem Schreiben an UN-Generalsekretär Kofi Annan bestätigt, dass Großbritannien in den ersten drei Monaten das Kommando der Mission übernimmt. Im Ernstfall könne die Truppe jedoch dem Befehl der USA unterstellt werden, deren Militäroperation „Enduring Freedom“ parallel weiterläuft. Deutschland hat stets gefordert, die Kommandos der Schutztruppe und der von den USA geführten Anti-Terror-Streitkräfte strikt zu trennen. Die deutsch-britischen Differenzen sind damit also nicht ausgeräumt.
Nach Angaben des Londoner Verteidigungsministeriums sollen bis zu 5.000 UN-Soldaten nach Afghanistan geschickt werden. Die ersten rund 100 britischen Soldaten sollten am Samstag in Kabul eintreffen, um für die Sicherheit bei der Amtseinführung der Regierung unter Hamid Karsai zu sorgen. Eine vollständige Stationierung wird jedoch nach Londoner Ansicht mehrere Wochen dauern.
Problematisch dabei ist, dass die designierte afghanische Regierung nach wie vor anderer Meinung über die Aufgabe der Truppe ist als die UNO. Verteidigungsminister Mohammed Fahim sagte, er wolle nur 3.000 Soldaten, wovon nur 1.000 eine aktive Rolle spielen sollten. Die anderen 2.000 sollten jeweils zur Hälfte auf dem Flughafen Bagram nördlich von Kabul sitzen und humanitäre Hilfe leisten. „Ihre Anwesenheit ist ein Symbol“, so Fahim.
Der Streit gefährdet die dringend benötigte Wiederaufbauhilfe für Afghanistan. Bei einem Treffen der so genannten Steuerungsgruppe für die internationale Afghanistan-Hilfe, das heute zu Ende gehen soll, sagte EU-Kommissar Poul Nielson gestern in Brüssel, die Staatengemeinschaft werde nur dort beim Wiederaufbau helfen, wo die örtlichen Machthaber aktiv Sicherheit und Stabilität unterstützen. Noch seien nicht einmal die Straßen zwischen Kabul und den wichtigsten Provinzhauptstädten sicher, sagte er. Afghanistan werde noch längere Zeit ein Kriegsgebiet bleiben.
Auch die USA forderten eine Isolierung der Kräfte in Afghanistan, die von Gewalt, Terror und Drogenschmuggel profitierten und damit einen Wiederaufbau unmöglich machten. Solange die Wirtschaft nicht anspringe und Arbeitsplätze bieten könne, würden die jungen Männer ihre Waffen einsetzen, um ihren Lebensstandard zu verbessern, sagte Andrew Natsios, Leiter der Hilfsorganisation USAid.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen