: Abspecken und meditieren
■ Kochen und kochen lassen, schenken und beschämt werden – wie die grünen, roten und schwarzen Bremer Polit-Größen dieses Jahr Weihnachten und Silvester feiern
Ottonormal-Bescherungen können bekanntermaßen ganz schön gegen den Weihnachtsbaum fahren: Eltern krachen auf verzogene Söhne und Töchter samt Schwieger-Anhang, Kinder verzeifeln an Präsenten, die sie schon letzten Heiligabend nicht hätten auspacken wollen. Verschenkt und verschämt befreut werden aber auch Hemden, groß wie Zelte, Schlüpfer, die schlabbern, selbstgehäkelte Topflappen-Sets von Oma. Weihnachten – die Party der bösen Vorahnungen und enttäuschten Hoffnungen.
Nicht so bei unseren PolitikerInnen! Das zeigt zumindest unsere kleine, boulevardeske taz-Umfrage aus aktuellem Anlass.
Bürgermeisters und die drei Fraktionschefs von SPD, CDU und Grünen planen zumindest dieses Jahr Liebe, Lametta, leidenschaftliches Familien-Weihnachting – und einen unglaublich hoffnungsvollen Start ins neue Jahr.
Weihnachten bei Bürgermeister Henning Scherf – das ist ein großes Großfamilienfest. Kinder, Enkel und Hausgemeinschaft feiern zusammen. Seit Urzeiten und auch diesmal gibt es Heringssalat mit Würstchen und selbstgebackene Plätzchen. Der Bürgermeister leis-tet in der Küche „jedoch allenfalls Hilfsdienste. Das Schmücken des Tannenbaums ist dagegen meine Domäne“, sagt Scherf.
Nach dem Fest der Feste fährt der baumlange Bürgermeister samt Frau Luise für eine Woche nach Rom ins Birgittenkloster. Gute Fahrt! Scherfs frommer Vorsatz für das kommende Jahr 2002: „Brü-cken bauen und Dialogbereitschaft zwischen Kulturen wecken.“ Viel Erfolg!
Auch die grüne Fraktionschefin Karoline Linnert hat Vorsätze: Bloß nicht zu viel kochen. Heiligabend steht der Mann in der Küche. Das hat nichts damit zu tun, dass sie – wie in der Bremischen Bürgerschaft – mit patriarchalen Rollenmustern brechen will. „Ich bin einfach total untalentiert, was das Kochen angeht“, verheimlicht die gelernte Psychologin Linnert hier nichts.
Zum Weihnachtsessen wird sie lediglich eine Suppe beisteuern – das kann sie. Linnert hat ihren Bruder, ihre Schwester und deren PartnerInnen zum Weihnachtsfest eingeladen. Der eine bringt Salat mit, die andere Nachtisch, damit es auch ohne Talent lecker Weihnachtsschmaus gibt. Als Hauptgang steht Fisch auf der Speisekarte, nach dem Essen wartet die Bescherung. Und: „Die dauert bei uns immer ganz lange“, sagt Karo Linnert zuversichtlich.
Silvester verbringt sie mit Freunden in Findorff. Ein bisschen schade findet es die Politikerin, dass sie an diesem Abend nüchtern bleiben muss. „Irgendwann müssen die beiden Kinder ins Bett.“ Und fahren muss sie auch: „Finden Sie mal Silvester um Mitternacht ein Taxi!“ Dafür, dass sie nicht Bowle nippen darf, wird Karo Linnert sich den Abend mit Bleigießen versüßen. Im letzten Jahr ging das leider schief: Die kleine Pfanne, in der das Blei zum schmelzen gebracht werden soll, war kaputt. Neuer Anlauf, neues Glück: Viel Erfolg beim Zukunftsdeuten!
Dahinschmelzen wird zum Jahreswechsel auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Jens Böhrnsen – allerdings vor Genuss. Der Bremer Sozi hat Karten für ein Konzert in der Berliner Philharmonie erstanden. Das alte Jahr wird fernab der Weser in der Hauptstadt verabschiedet. Erst Neujahr zieht es Jens Böhrnsen samt Familie wieder an die Deiche.
Davor feiern die Böhrnsens Heiligabend natürlich gemeinsam. „Weihnachten ist bei uns ein richtiges Familienfest“, sagt der SPD-Mann. Seine Söhne kommen dann nach Hause. Der eine studiert in Kiel, der andere in Bremen. Was es zu essen geben soll, wenn die ganze Familie um den nordbremischen Tisch versammelt ist, wird bei Böhrnsens dieses Jahr ganz kurz-fristig entschieden. Geklärt ist hingegen, dass vor dem Weihnachtsmahl noch ein Kirchenbesuch ansteht. „Das ist für mich selbstverständlich – nicht nur an Heilig- abend“, sagt der bibeltreue Richter.
Gute Vorsätze fürs neue Jahr hat sich der Fraktionschef nicht überlegt. „Wozu auch?“, fragt er. „Wenn man etwas Gutes tun will, kann man das doch das ganze Jahr über tun.“ Hoffentlich geht sein Wunsch in Erfüllung!
Wie der des christdemokratischen Fraktionschefs Jens Eckhoff. Das politische Schwergewicht will auch im nächsten Jahr weiter abspecken. Seit Herbst schwitzt Eckhoff in einem Fitness-Studio, um überflüssige Pfunde abzubauen. Stolz vermeldet er: „Bislang habe ich 17 Kilo abgenommen.“ Ziel 2002: „Gewicht noch mehr reduzieren.“ Toi toi toi!
Ebbe Volquardsen
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