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Rot-Grün beschenkt den Kanzler

Der Bundestag votiert für Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. Die Grünen sichern der Regierungdiesmal problemlos eine eigene Mehrheit. Erstes Erkundungskommando noch vor Silvester nach Kabul

BERLIN taz ■ Das Weihnachtsfest können die meisten der für Afghanistan vorgesehenen Soldaten noch zuhause verbringen. Am 29. Dezember aber wird eine „Hand voll“ von ihnen, wie es gestern aus dem Verteidigungsministerium hieß, in einem „Erkundungskommando“ nach Kabul fliegen. Ein Vorauskommado von weiteren 200 der insgesamt 1.200 deutschen Soldaten soll dann Anfang Januar in Kabul eintreffen.

Grünes Licht für die Teilnahme der Bundeswehr an der internationalen Schutztruppe hatte am Samstag der Bundestag gegeben. Mit erwartet deutlicher Mehrheit ( 538 dafür, 35 dagegen, 8 Enthaltungen) stimmten die Abgeordneten für den Einsatz nach dem Kapitel 7 der UN. Die deutschen Soldaten wären damit wie ihre Partner in der auf bis zu 5.000 Mann ausgelegten Truppe befugt, neben der Selbstverteidigung auch zum Schutze von Dritten einzugreifen. Die Kosten des deutschen Beitrags bezifferte die Bundesregierung auf 340 Millionen Euro.

Entgegen allen Unkenrufen konnten die Grünen diesmal den Kanzler erfreuen: In ihren Reihen gab es keine Nein-Stimmen. Damit bescherten sie Gerhard Schröder ein vorzeitiges Weihnachtgeschenk – die eigene rot-grüne Mehrheit war gesichert. Lediglich die Grünen-Abgeordneten Monika Knoche, Annelie Buntenbach, Winfried Hermann und Steffi Lemke enthielten sich – das Kommando des UN-Einsatzes und der Kampf gegen al-Qaida seien zu eng miteinander verwoben, so ihre Begründung in einer gemeinsamen Erklärung.

Christian Ströbele, der zuletzt gegen eine Beteiligung am Anti-Terror-Kampf „Enduring Freedom“ gestimmt hatte, war diesmal für den Einsatz: Er habe Probleme, der UN die Einzelheiten eines Mandats vorzuschreiben, obwohl er die Kritik der Einsatzgegner teile.

Die Zahl der Gegner war diesmal woanders zu verorten: bei Rot-Schwarz-Gelb. Gudrun Roos (SPD), Wolfgang Börnsen und Wolf Bauer (beide CDU) sagten ebenso Nein wie Jürgen Koppelin von der FDP und die aus der SPD ausgetretene Abgeordnete Christa Lörcher. Enthaltungen gab es durch Hartmut Rauber (CDU) und in der ansonsten gegen den Einsatz votierenden PDS-Fraktion durch Manfred Müller.

In der Debatte hatte Bundeskanzler Schröder von einer „bitteren Wahrheit“ gesprochen: Der Frieden in Afghanistan sei nur durch Krieg „näher gerückt.“ Beides, Diplomatie und Gewalt, hätten am Ende zu einer Lösung geführt. Der PDS-Fraktionschef Roland Claus nannte dagegen den UN-Einsatz eine Folge der „Kriegslogik“. Union und FDP wiederum begrüßten die Entsendung, warfen aber Fragen auf. So bezweifelte FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt, ob die Befristung auf sechs Monate ausreichend sein werde. Unionsfraktionschef Friedrich Merz verwies auf Unklarheiten bei der Trennung von US- und UN-Führung: Was sei „konkret“ damit gemeint, wenn das US-Kommando in Konfliktfällen die „authority“ (Autorität) erhalte?

Außenminister Joschka Fischer nannte die „gemeinsame Koordination“ von UN- und US-Truppen bei der Luftraumkontrolle, logistischer Unterstützung und beim Entsatz („Extraction“) eine „gute Lösung.“ Er räumte ein, daß im Zusammenhang mit der Zukunft der Schutztruppe „weitere schwierige Fragen“ zu diskutieren sind. Dazu zählte er auch die nach drei Monaten endende Führungsrolle der Briten.

SEVERIN WEILAND

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