Wenn Dinge verschwinden

■ „Echter“ Zauber: Manuel Muertes Metaphysisches Kabinett

An weißbärtigen Zauberern und Zauberschülern in Internaten kommt diesen Winter kaum jemand vorbei. Die Produktionsfirmen von Harry Potter und Herr der Ringe haben die Kinos schließlich mit Bannsprüchen dazu verdammt, die Filme entweder dreimal täglich zu zeigen oder gar nicht. Und sie werden damit zwangsläufig ansehnliche Zuschauer-Zahlen zusammenbekommen. Trotzdem sollte nicht vergessen werden, dass es noch Menschen gibt, die außerhalb fantastischer Bücherwelten und cineastischer Computertricks wirklich Dinge verschwinden und woanders wieder auftauchen lassen können.

Manuel Muerte gehört zu dieser Gruppe „echter“ Zauberer. Er ist Europameister im Zaubern und tingelt gekonnt zwischen Großveranstaltungen, Betriebsfesten und Kultur-Events. Mit unterschiedlichen Programmen und einem ironischen Gestus versteht es Manuel Muerte, auch der konstruierten Welt der Zauberei selbst Hörner aufzusetzen, ohne sie dabei zu verraten.

Als die erste Archäologen Gräber in Mitteleuropa öffneten, fanden sie Runen und Amulette von roter Farbe. Diese Farbe wurde althochdeutsch „zoubar“ genannt, und entwickelte sich später zum Zaubermittel für Magie. Nachdem sich der christliche Glaube durchgesetzt hatte, versuchte die Kirche die vermeintlichen Ketzer von ihrem Glaubensgefolge zu trennen und unterschied zwischen Zauber und Wunder. Während der Wundertäter als Motor seiner Tat göttliches Wollen angibt, hat der Zauberer stets magisches Handeln vor Augen. Heute zaubert David Copperfield im Fernsehen und die Kirche überträgt dort ihre Messen.

Ohne den Blick nun ausschließlich auf Gegenwart und Zukunft zu richten, könnte man annehmen, dass Zauberei in früheren Zeiten entzücktes Erstaunen weckte. Die Augen vergrößerten und die Münder öffneten sich zu Fragezeichen-Portalen. Heutzutage hat sich aus der Bewunderung des Übersinnlichen ein Rätseln am Technischen entwickelt. Kaum jemand fragt sich mehr, was die Verwandlung von Wasser in Wein bedeutet, die meisten wollen wissen, wie sie funktioniert. Arsen Dedic

heute, 22 Uhr, Kampnagel Music Hall