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Gesetzestreuer Innensenator

 ■ Ronald Schill hat doch keine Freiheitsberaubung begangen

Am Ende wurde er doch noch freigesprochen. Zwei mal hatte ein Gericht Ronald Schill vorgehalten, in seiner Zeit als Amtsrichter 1999 die Bearbeitung der Haftbeschwerde zweier von ihm inhaftierter Prozesszuschauer verschleppt zu haben. Am 21. Dezember aber sprach das Hamburgische Landgericht Schill vom Vorwurf frei, dadurch eine Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung begangen zu haben. Denn es sei ihm nicht nachzuweisen gewesen, dass er die beiden absichtlich möglichst lange im Gefängnis schmoren lassen wollte.

Das Brisante an dem Prozess war, dass es nicht wirklich einer war. Was juristisch Beweisaufnahme heißt, erschöpfte sich faktisch darin, allen ZeugInnen kurz ihre alte Aussage vorzuhalten, mehr nicht. Folglich konnten auch keine neuen Erkenntnisse über den damaligen Vorsatz Schills zutage gefördert werden. Das aber hatte der Bundesgerichtshof (BGH) dem Hamburger Landgericht im September als Auftrag mit in die neue Verhandlung gegeben.

Inzwischen aber hatten sich die Rollen fast aller Beteiligten geändert: Der Angeklagte ist inzwischen Innensenator, sein Rechtsanwalt sein Staatssekretär. Der Staatsanwalt ist von einer Justizbehörde weisungsabhängig, deren oberster Chef CDU-Regierungspartner des Angeklagten ist. Und die damals Betroffenen waren vom Prozess ausgeschlossen. Einer der beiden, die damals drei Tage im Gefängnis sitzen mussten, ist inzwischen zu einer Geldstrafe von 1000 Mark verurteilt, weil er bei seiner Festnahme eine Wachtmeisterin getreten haben soll.

Elke Spanner

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