: Asia-Markt kämpft um die Existenz
Vietnamesen, Inder und Pakistani betreiben in Hohenschönhausen als Zwischenhändler eine Halle. Sie sollen auf die Straße gesetzt werden, weil ihr Vermieter seine Schulden nicht bezahlt. Für die Räumungsmethode ist er schon bekannt
Gut einhundert Handelsfirmen, die von Vietnamesen, Indern und Pakistani betrieben werden, kämpfen über die Feiertage um ihre Existenz. Ihre Gewerbehalle Pazific Center in der Marzahner Straße in Hohenschönhausen soll zum Jahresende geschlossen werden, weil der Betreiber, die Firma Buchholz und Partner, seit Monaten die Miete zwar von den Mietern kassiert, sie aber nicht an den Besitzer, die Treuhand Liegenschaftsgesellschaft (TLG), weiterreicht. Der TLG zufolge sind Mietrückstände in sechsstelliger Höhe aufgelaufen, sie hat sich deswegen gerichtliche Räumungs- und Zahlungsbefehle gegen die Firma Buchholz erklagt. Unklar ist, was aus den Mietern wird.
Für Elke Schicktanz von der TLG ist die Sache eindeutig: „Den Titel können wir nur vollstrecken, wenn auch die Endmieter die Halle räumen.“ Das sehen die Großhändler, die in der Halle Textilien, Geschenkartikel und asiatische Lebensmittel an Wochenmarkthändler verkaufen, anders: „Wir haben keine rechtskräftige Kündigung erhalten“, erklärt der pakistanische Mietersprecher.
Bis vor zwei Wochen habe die TLG den Mietern gegenüber zudem erklärt, sie wolle mit ihnen am 2. Januar neue Mietverträge abschließen. Deshalb haben sie sich nicht um neue Räume für ihr Gewerbe gekümmert.
Doch während der vergangenen Wochen spitzte sich die Situation zu. An den Weihnachtsfeiertagen habe die Firma Buchholz, ein deutsch-vietnamesisches Familienunternehmen, „die Halle für uns verschlossen und Busladungen voll Vietnamesen in Arbeitskleidung hineingefahren“, erzählt der Mietersprecher. Die Händler hätten um ihre Ware gefürchtet, so der Pakistani weiter. In der Halle sind inzwischen Trennwände, Türen und Elektroleitungen herausgerissen, sodass ein weiterer Betrieb kaum vorstellbar sei. Die herbeigerufene Polizei allerdings sei nicht eingeschritten. „Die kommt nur, wenn wir sagen, die Abbauten werden durch illegal Beschäftigte ausgeführt. Sonst interessiert das niemanden, weil das eine privatrechtliche Angelegenheit sei“, klagt er. Nur die Abgeordnete Karin Hopfmann (PDS) hatte sich am Sonntag vor Ort um Deeskalation bemüht, allerdings ohne Erfolg.
Bezirksbürgermeister Wolfram Friedersdorff (PDS) will nun gemeinsam mit der Staatssekretärin in der Wirtschaftssenatsverwaltung, Erika Romberg (Grüne), die TLG an den Verhandlungstisch zurückholen. „Wir wollen die Räumung aufschieben und die Zeit nutzen, um mit den Mietern gemeinsam ein neues Objekt zu suchen“, so Friedersdorff. Das Problem: Wirtschaftlich können die Händler nur überleben, wenn sie mit vielen anderen unter einem Dach ihr Domizil haben. Im Interesse der Kunden, die überwiegend vietnamesische Wochenmarkthändler sind, käme nur ein Standort in Lichtenberg oder Marzahn/Hellersdorf in Frage.
„Das größte Asia-Center Deutschlands mit 16.000 Quadratmetern Verkaufsraum“, so wirbt das Pazific Center stolz an der Einfahrt. Im Innern stinkt es, die Toiletten sind nicht zu benutzen. Seit Wochen fährt keine Müllabfuhr mehr die Halle an, es ist bitterkalt. Die Firma Buchholz hätte ihn nur ausgenommen und sorge jetzt dafür, dass die Halle so kaputt ist, dass die Behörden nur die Schließung anordnen könnten, so der Pakistani. Er habe wie jeder Textilhändler den Bau der Halle mit 6.000 Mark mitfinanzieren müssen. Der TLG zufolge vermietet die Firma Buchholz den Quadratmeter mit einem Gewinn von 20 Mark pro Quadratmeter weiter.
Die Situation erinnert an einen Streit zwischen Vermieter, Zwischenmieter und vietnamesischen Endmietern zwischen 1995 und 1998 in der Lichtenberger Rhinstraße. Damals wie heute war die Firma Buchholz Zwischenmieter, hatte Miete kassiert und diese nicht an den Besitzer weitergereicht. Während man sich nicht einigen konnte, war die Halle völlig verfallen und musste durch die Bauaufsicht geschlossen werden.
MARINA MAI
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