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Parteiwahl in Israel

Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser wird im zweiten Anlaufneuer Chef der Arbeitspartei. Doch diese ist ideologisch tief gespalten

aus Jerusalem ANNE PONGER

Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser, ein Parteirechter, ist am Mittwoch zum neuen Vorsitzenden der israelischen Arbeitspartei gewählt worden. Er besiegte den Knesset-Vorsitzenden Avraham Burg mit 2.500 Stimmen Vorsprung und tritt damit den Posten an, den Ehud Barak vor mehr als zehn Monaten aufgab.

Bei einem ersten Anlauf zur Wahl des Arbeitspartei-Chefs am 4. September hatte der politisch moderate Burg knapp über Ben-Elieser gesiegt, der am Anschluss behauptete, das Ergebnis sei durch massiven Wahlbetrug in der drusischen Gemeinschaft zustande gekommen. Als entschieden wurde, einen neuen Wahlgang in den umstrittenen Wahlkreisen vorzunehmen, erklärten die erbosten Drusen den Boykott. Damit war die Niederlage Burgs, den die drusischen Parteimitglieder unterstützt hätten, beschlossene Sache.

Der vor 65 Jahren im Irak geborene ehemalige General Ben-Elieser ist der erste orientalische Jude als Führer der überwiegend aschkenasischen Arbeitspartei. Nun steht er vor der fast unmöglichen Aufgabe, die ideologisch, organisatorisch und finanziell bankrotte Partei zu rehabilitieren und den sozialdemokratischen Wählern spätestens 2003 eine überzeugende Alternative zum nationalistischen Likud zu bieten.

Der Riss durch die Arbeitspartei ist tief. Er trat bereits offen zutage, als im Februar ein Drittel der Partei gegen den Beitritt zur großen Koalition Scharons stimmte und die Feigenblattfunktion der acht Arbeitspartei-Minister in der rechtslastigen Regierung seitdem öffentlich missbilligt. Die ideologische Spaltung wurde im September durch den Wahlzwist zwischen dem Burg- und dem Ben-Elieser-Lager noch deutlicher.

Ein Bruch zwischen dem rechten und dem Friedenslager der Partei droht durch die Wahl Ben-Eliesers nun erst recht. „Ben-Elieser ist zwar der legale, jedoch nicht der legitime Arbeitspartei-Führer“, erklärte Jossi Beilin, führende Partei-„Taube“, gestern. „Er bekämpft die Linken und versucht, Scharon von rechts zu überholen. Er darf nicht zur einzigen Stimme der Arbeitspartei werden.“

Ben-Elieser hat nun drei Titel – den des Verteidigungsministers, des Parteiführers und des Kandidaten für den Posten des Ministerpräsidenten. Als Verteidigungsminister eines Landes im Krieg bleibt ihm wenig Zeit für seine desolate Partei. Er wird entscheiden müssen, ob und wann er die Regierung verlässt. Beharrt er auf seinem Ministerposten, bleibt er voller Partner Scharons für dessen Misserfolge. Widmet er sich der Partei, wird er dennoch bei den nächsten Wahlen gegen den charismatischen Likud-Kandidaten Benjamin Netanjahu antreten müssen. Überdies wird er die Rollenverteilung zwischen sich und dem prominenten Außenminister Schimon Peres mit Fingerspitzengefühl regeln müssen. Peres ist nicht dafür bekannt, mit dem Führer der Arbeitspartei in Frieden zu leben – außer, wenn es sich dabei um ihn selbst handelt.

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