: Union will die Kirchen doch nicht vergrätzen
CDU-Innenpolitiker Bosbach betont „Dialogbereitschaft“ über Zuwanderung. Offenbar wird nachträglich noch ein Katholik zur Anhörung geladen
BERLIN taz ■ Die Union wehrt sich gegen den Vorwurf, sie ignoriere beim Thema Zuwanderung die Meinung der Kirchen. „Wenn es irgendeine Institution gibt, mit der wir in ständigem Kontakt stehen, dann sind es die Kirchen“, sagte CDU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach gestern der taz. „Von mangelnder Dialogbereitschaft kann keine Rede sein.“
Bosbach räumte allerdings ein, dass die Union vor allem im humanitären Bereich andere Auffassungen vertritt als die Kirchen. Die Kirchen hatten sich wiederholt für besseren Schutz vor nichtstaatlicher Verfolgung und eine liberale Regelung beim Familiennachzugalter eingesetzt. „Die Differenzen bleiben, das stimmt“, sagte Bosbach.
Das Verhalten der CDU/CSU im Innenausschuss des Bundestags war gestern auch bei der FDP auf heftige Kritik gestoßen. Deren innenpolitische Sprecher, Max Stadler, nannte es „geradezu grotesk“, dass sich die Union gegen eine Einladung von Kirchenvertretern für die Expertenanhörung im Januar sträube. Insbesondere in der Flüchtlingspolitik hätten die Kirchen „eine große praktische Erfahrung, die Platz haben müsste“, sagte Stadler. Die FDP könne leider nur eine Person für die Anhörung benennen – ihre Wahl fiel auf die frühere Ausländerbeauftragte Cornelia Schmalz-Jacobsen.
Der Grünen-Politiker Cem Özdemir hatte der Union vorgeworfen, sie habe den Kirchen einen „Tritt in den Hintern“ versetzt. Weil sich die Union geweigert habe, über ihr Parteienkontingent hinaus eine größere Gruppe unabhängiger Fachleute zu befragen, habe Rot-Grün den Bevollmächtigten der evangelischen Kirche, Stephan Reimers, als bisher einzigen Kirchenvertreter geladen. Die Union beschränkte sich bei der offiziellen Anmeldung ihrer vier Experten auf drei Juristen und einen Vertreter der Bundesanstalt für Arbeit. Bis zur Anhörung am 16. Januar ist aber noch ein bisschen Zeit – der Sprecher der katholischen Bischofskonferenz ging gestern davon aus, dass sich die Union doch noch zu einer Einladung durchringt. LUKAS WALLRAFF
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