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Familienstreit aus Neid

■ Bischöfin Maria Jepsen: antisemitische Kirchentradition

Nach Ansicht von Bischöfin Maria Jepsen gibt es in der christlichen Kirche eine lange Tradition des Antisemitismus. „Die Judenfeindlichkeit haben wir Christen durch die Jahrhunderte transportiert und damit einen Antisemitismus und Antijudaismus befördert, der in Judenverfolgung und Holocaust gipfelte, als auch noch ein rassistischer Antisemitismus hinzu kam“, sagte die Theologin der dpa.

In einer Zeit, in der der Antisemitismus mit Stammtisch-Witzen und Parolen über das Weltjudentum wieder zunehme, müssten die Christen ganz klar Farbe beken- nen, sagte die Bischöfin. Das Kirchenparlament der Nordelbischen Landeskirche, das sich im vergangenen Jahr mit einer Erklärung zur Mitschuld an der Judenverfolgung bekannt hatte, werde im Februar entscheiden, ob die Verbundenheit mit Israel in die Verfassung Nordelbiens aufgenommen wird.

Unter vielen Christen herrsche Unfähigkeit, einen anderen Gottesglauben anzuerkennen. „Dieses überhebliche Absolutheitsdenken wird dadurch verstärkt, dass wir im Grunde keine Gesprächspartner mehr haben, weil viele Juden Deutschland verlassen haben“, sagte Jepsen.

Juden hätten theologisch nicht unbedingt den Impetus, den Dialog mit Christen zu suchen. „Man kann gut Jude sein ohne Christus-Geschichte“, so die Bischöfin, während die Christen auf ihre Wurzeln gucken müssten und bei den Juden viel aus ihrer eigenen Tradition entdecken könnten.

Viele Christen hielten sich für „das wahre Volk Gottes“ und die Juden für enterbt. „Das ist falsch. Die Juden bleiben das Heilige Volk Gottes, und das bleibt der erstgeborene Sohn, wir sind die zweiten“, sagte die Bischöfin, die von einem „langen, neiderfüllten Familienstreit“ zwischen Juden und Christen spricht. lno

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