: „Zum Kompromiss verdammt“
■ Zum ersten Mal seit 1979 wird wieder ein Bremer Vorsitzender der Innenministerkonferenz der Länder / Senator Böse blickt voraus
Bremen wird für ein Jahr das Mekka der deutschen Innenpolitik. Senator Kuno Böse (CDU) bekommt heute vom sachsen-anhaltinischen Innenminister Manfred Püchel (SPD) den Vorsitz der Innenministerkonferenz (IMK) übertragen. Ein hehres Amt, auf jeden Fall, „wegen der großen Länderkompetenzen bei Polizeifragen und Ausländerrecht die wichtigste Ministerkonferenz, die es gibt.“ Sagt Kuno Böse.
Gerade im Sicherheitsbereich sei es nötig, dass es bundesweit einheitliche Gesetze gebe. Auch nach dem Zweiten Sicherheitspaket des Bundes („Otto-Katalog“) sei es nötig, „Gesetzeslücken, die seit dem 11. September offensichtlich geworden sind, zu stopfen.“ So beim Zivil- und Katastrophenschutz. Nach den Anthrax-Attacken in den USA soll das zivile Krisenmanagement in Deutschland und Europa verbessert werden.
Als weiteren Schwerpunkt seiner IMK-Zeit sieht Böse die Schaffung eines bundesweiten Korruptionsregisters, für das er in seiner Amtszeit wenigstens erste gesetzliche Grundlagen schaffen will.
Auch am Versammlungsrecht will der Senator rühren. NPD-Demos vor dem Berliner Brandenburger Tor oder am Holocaust-Mahnmal sollen der Vergangenheit angehören – meint er wie seine CDU-Kollegen. Allerdings sind SPD und Grüne weiter gegen die Einschränkung der Demonstrationsfreiheit. Zweifelhaft bleibt, ob die Politiker zu einer Einigung kommen.
Fraglich ist auch, ob sich die IMK nicht doch wieder mit dem Zuwanderungsgesetz befassen muss. „Migranten und Ausländerrecht sind die größten Knackpunkte im Verhältnis der Länder zu Bundesminister Schily“, sagt Böse.
Die Bundes-CDU hat angekündigt, mit dem Thema Einwanderer auf Stimmenfang bei der im September anstehenden Bundestagswahl zu gehen, wenn das Gesetz nicht rechtzeitig steht. Böse, der bislang gegen die Berliner Parteilinie öffentlich für eine Einigung plädiert: „Wenn der Bundesrat das Gesetz im März nicht verabschiedet, landet es wieder bei der IMK.“
Böse freut sich offensichtlich auf seinen Job, den zum letzten Mal 1979/80 ein Bremer Innensenator verrichtete – eigentlich wäre das kleine Bundesland Bremen zu Wendezeiten wieder dran gewesen, doch dann ging mit Gründung der Länder im Osten eine neue Reihenfolge los.
Endlich kommt der aus Berlin stammende Innensenator auch mal raus aus Bremen. Sechsmal wird Böse Otto Schily (SPD) zur Konferenz der europäischen Innenminster begleiten, demnächst plaudert er mit dem DFB-Präsidenten über Alkoholkonsum im Fußballstadion oder mit dem Vorsitzenden des Zentralrates der Juden, Paul Spiegel.
Tatsächlich zu entscheiden hat Böse als IMK-Chef jedoch wenig. Böse: „Ich bin zum Kompromiss verdammt.“ Er wird zwar Chef des föderalen Gremiums, aber es gibt nur einstimmige Beschlüsse. Böse: „Also muss ich Kompromisse herbeiführen. Der Vorsitzende ist leider nur der Mittler.“
Kai Schöneberg
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