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Textilkette verbannt PVC

Hennes & Mauritz schafft ab Januar 2002 international die Chlorchemie-Beschichtungen ab. Konkurrenten ziehen mit, haben teilweise aber noch Schwierigkeiten. Prüfung bei „Öko-Test“

von STEFAN WEILGUNY und REINHARD WOLFF

Kein PVC mehr in den Klamotten von H & M: Die schwedische Bekleidungskette verkauft seit Anfang Januar weltweit nur noch Produkte ohne die umstrittene Chlorchemie-Beschichtung. „Schon im Herbst haben wir damit begonnen, ganze Kollektionen auszusortieren. Jetzt sind unsere Läden PVC-frei“, sagt Mathias Geduhn von H & M Deutschland. Das bedeutet vor allem einen Gewinn für die Umwelt. Denn Herstellung und Entsorgung der PVC-Bekleidung belasten Luft und Wasser.

Vor fünf Jahren hat sich der schwedische Konzern entschlossen, alle Produkte mit PVC-Gehalt aus dem Sortiment zu nehmen. Zum Jahreswechsel wurde dieser Beschluss in den Läden der größten europäischen Bekleidungskette endgültig Wirklichkeit. Nun sind auch die letzten PVC-Produkte verschwunden, an denen man laut der H & M-Umweltverantwortlichen Ingrid Schullström am längsten zu knacken hatte: „Regenbekleidung, Handtaschen, Lederimitate. Da war es am schwersten, einen Ersatz zu finden.“

Um den Anti-PVC-Beschluss umzusetzen, mussten laut Schullström teilweise sogar Qualitätseinbußen hingenommen werden: „Gerade unsere Einkäufer für Taschen und Handtaschen haben geklagt: PVC-freie Ware ist nämlich schwer aufzutreiben und teilweise wesentlich weniger stabil. Aber das müssen wir hinnehmen.“

Zum PVC-Verzicht sah sich H & M schon durch unruhige KundInnen veranlasst, die besorgt waren, ob sie die Gesundheit ihrer Kinder gefährdeten, wenn sie Regenbekleidung oder andere Kleider-produkte mit PVC-Gehalt kauften. Primär aber wollte man wegen der Umweltgefahren, die von den im PVC enthaltenen Weichmachern und bei der Verbrennung von PVC selbst durch Freisetzung von Dioxinen ausgehen, ein Zeichen setzen und sich als „grüne“ Kleiderkette profilieren. H & Ms Vorstoß zwang in Schweden auch die Konkurrenz, ihr Sortiment zu überprüfen. „Kapp Ahl“, die Kleiderkette der Coop-Gruppe, fasste im vergangenen Jahr ebenfalls einen Anti-PVC-Beschluss, der zu Beginn dieses Jahres Wirklichkeit werden sollte.

Ganz hat man es noch nicht geschafft, gesteht „Kapp Ahl“-Textilingenieurin Ann Lind zu. Ihre Aufzählung der Restprodukte, die man noch aussortieren müsse, macht klar, wo sich PVC überall relativ unauffällig verstecken kann: Reißverschlüsse, Etiketten auf und in Kleidungsstücken, Farben auf bedruckten T-Shirts.

Für den deutschen Bekleidungsriesen C & A sind PVC-freie Läden keine Neuigkeit. „Seit November 2000 kaufen wir keine Produkte mehr ein, die PVC enthalten“, sagt ein Sprecher. Das werde vor allem bei Baby- und Kleinkindkleidung durch verstärkte Stichproben überprüft. Bei der Deutschlandvertretung der spanischen Bekleidungskette Mango formuliert eine Sprecherin knapp: „Wir haben kein PVC. Mehr kann ich dazu nicht sagen.“

Im November 2001 hat die Zeitschrift Öko-Test 16 Regenjacken getestet, die größtenteils mit PVC beschichtet sind. Nur zwei Modelle schnitten mit „gut“ ab. „Manche Regenjacken sind so stark mit Schadstoffen belastet, dass sie in den Sondermüll gehören“, schreibt die Zeitschrift. Das oft verwendete Weich-PVC enthalte große Mengen von gesundheitsschädlichen Weichmachern, sogenannte Phthalate. Diese Stoffe könnten sich leicht aus dem PVC lösen und stünden im Verdacht, Leber, Nieren und Fortpflanzungsorgane zu schädigen. Öko-Test rät davon ab, stechend riechende Kleidungsstücke zu kaufen. Ob eine Jacke mit Schadstoffen belastet ist, zeige allerdings nur eine Laboranalyse.

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