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Asylpolitik an der Saar „wie nur in Bayern“

Unter dem als liberal geltenden Landeschef Müller (CDU) wird „schneller und öfter abgeschoben“ als anderswo. Initiativen fordern Moratorium

SAARBRÜCKEN taz ■ Dem saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller (CDU) eilt der Ruf voraus, in der Einwanderungspolitik liberale Positionen zu vertreten und am nächsten „dran“ zu sein an der Asylpolitik der rot-grünen Bundesregierung. „Ein Irrtum“, wie der Sprecher des Arbeitskreises Asyl im Saarland, Bernhard Hellmanns, und der Koordinator der Aktion Dritte Welt Saar, Roland Röder, gestern in Saarbrücken erklärten.

Seit dem Regierungswechsel 1999 werde im Saarland unter Müller und seiner Innenministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) „schneller und öfter“ abgeschoben. „Und brutaler“, wie Rechtsanwalt Peter Nobart ergänzte, der in dem kleinsten der deutschen Flächenländer mit einer Zuteilungsquote von nur 1,7 Prozent diverse Asylbewerber vertritt. Nobart berichtete vom Fall einer 15 Jahre alten Kurdin, die am Montag in einer „Nacht- und Nebelaktion“ in Lebach festgenommen und zum Flughafen Stuttgart zur Abschiebung in die Türkei verbracht wurde. Die Polizei sollte eigentlich deren 20 Jahre alte Schwester abschieben; nur durch die eilige Vorlage von Fingerabdrücken aus alten Einreisedokumenten konnte die Abschiebung der jüngeren Schwester noch verhindert werden.

Der Arbeitskreis Asyl erzählt auch die „völlig überraschende“ Abschiebung der „voll integrierten“ neunköpfigen Familie Özdemir aus Wadern im November 2001. Mehr als 14 Jahre hätten die Özdemirs im Saarland gelebt, zwei Töchter gerade das Abitur bestanden. Selbst der Ratspräsident der Evangelischen Kirche in Deutschland, Manfred Kock, hatte bei Müller interveniert.

Doch noch während der laufenden Gespräche seien auf Anordnung des Innenministeriums dreißig Polizisten am frühen Morgen in das Haus der Özdemirs eingedrungen und hätten bis auf zwei Kinder, die über einen gesonderten Aufenthaltsstatus verfügten, alle anderen festgenommen und in die Türkei abgeschoben, sagte Röder. Die kurdische Familie habe nicht einmal Koffer mitnehmen können: „Alles, was sie sich in den vierzehn Jahren in Deutschland erarbeitet haben, mussten sie zurücklassen.“ Dabei hätten die Vorgänger von Innenministerin Kramp-Karrenbauer, Friedel Läpple (SPD) und Klaus Meiser (CDU), der Familie Özdemir versprochen, dass sie im Saarland bleiben könne.

Das vorläufige Fazit auch nach der Abschiebung des Kurden Hüseyin Yalcin schon im März 2001, dem Läpple und Meiser gleichfalls das Bleiberecht zugesichert hatten, zog Rechtsanwalt Nobart: „In Sachen Asylpolitik geht es im Saarland inzwischen zu wie sonst nur noch in Bayern.“

Röder und Hellmanns untermauerten ihre Vorwürfe auch mit Zahlen. Während im benachbarten Rheinland-Pfalz im vergangenen Jahr von rund 4.500 Anträgen auf ein Bleiberecht nach der Härtefallregelung nur etwa 200 abgelehnt worden seien, gab es im Saarland bei lediglich 1.833 Anträgen 760 Ablehnungen. Die Menschenrechtsorganisationen im Saarland monieren auch, dass unter der Regierung Müller noch keine einzige Landtagspetition für ein Bleiberecht Erfolg hatte. „Alles wird abgelehnt, die fahren hier die ganz harte Linie“, so Röder.

Die Initiativen verlangen jetzt ein Abschiebemoratorium von der Landesregierung, befristet auf sechs Monate. In diesem Zeitraum soll die Regierung Müller einen Erlass aus dem Jahre 1999 im Sinne eines erweiterten Bleiberechts für Altfälle korrigieren. Auch eine Härtefallkommission müsse eingerichtet werden, in der dann auch die Wohlfahrtsverbände mit am Tisch sitzen sollten. Die Regierung Müller schweigt dazu.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

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