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Tatort Krankenkasse

BKK Hamburg soll versucht haben, einen Pflegedienst-Chef zu bestechen, schuldet Millionen und verlangt Einsicht in Krankenakten  ■ Von Sandra Wilsdorf

Wer denkt, Krankenkassen seien öde korrekt, der irrt: Zumindest die Betriebskrankenkasse (BKK) Hamburg empfiehlt sich als Thema für den nächsten Dieter Wedel-Film, in dem es um Konspiration, Bestechung und viel Geld gehen könnte. Erste Folge im echten Leben: Seit Monaten prozessieren und demonstrieren Hamburger Pflegedienste gegen die überschuldete Kasse der städtischen Angestellten. Diese hatte auf Sanie-rungskurs neue Verträge mit etwa 30 Prozent geringeren Sätzen angeboten. Die meisten Pflegedienste fanden das inakzeptabel, verweigerten die Unterschrift und pflegen ihre Patienten momentan, ohne dafür bezahlt zu werden. Zwei Millionen Euro schuldet die BKK den Pflegediensten.

Zweite Folge: In einem NDR-Interview kritisierte ein Sozialrichter das Kassen-Gebahren, die BKK wittert darin Rechtsbeugung und sucht Beweise. Nun kommt Johann-Matthias Heinrich, Vorstand des Zentralverbandes Hamburger Pflegedienste ins Spiel: „Den drei Vorstandsmitgliedern des Pflegedienstverbandes ist von der BKK Hamburg angeboten worden, die Pflegeleistungen ihrer Betriebe deutlich höher zu vergüten als allen anderen Pflegediensten in Hamburg.“ Die gewünschte Gegenleis-tung: „Ich wurde gebeten, das vollständige Tonband (des NDR-Interviews) zu beschaffen und dies der BKK Hamburg zuzuspielen.“ Heinrich macht die Geschichte öffentlich. BKK-Vorstand Herbert Schulz weist sie als „infame Diffamierung“ von sich.

Dritte Folge: Auch den Hamburger Krankenhäusern schuldet die BKK über sieben Millionen Euro. Die Behandlungen der Versicherten sind längst abgeschlossen, aber die BKK will nicht zahlen, weil ihr Krankenhausaufenthalte zu lang oder unnötig erscheinen. „Mir fiel auf, dass unsere Krankenhauskosten höher sind als die anderer Kassen“, sagt Schulz. Er habe das Ärzte prüfen lassen, und die hätten eine Fehlbelegung von 20 Prozent festgestellt. Um das nachweisen zu können, fordert Schulz nun Einsicht in die Krankenakten, vorher zahlt er nicht.

Die Hamburgische Krankenhausgesellschaft weigert sich Akten herauszugeben: „Sollen Krankenhäuser genötigt werden, den Datenschutz zu verletzen, damit die BKK Hamburg endlich längst fällige Rechnungen bezahlt?“, wettert Geschäftsführer Jürgen Abshoff und kündigt an, dass die Krankenhäuser ihr Geld jetzt auf dem Klageweg eintreiben werden.

Vierte Folge: In Berlin beschäftigt ein ähnlicher Fall gerade die Sozialgerichte. Dort gibt es auch eine BKK. Die hat Außenstände in Höhe von 45 Millionen Euro. Ihr Chef: Der Zwillingsbruder von Herbert Schulz.

Fünfte Folge: Aufsicht über die Hamburger BKK führte die ehemalige Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS). Sie hat dem Schuldenberg der Kasse jahrelang beim Wachsen zugesehen. Seit dem 1. Januar 2002 ist nun die neue Behörde für Umwelt und Gesundheit zuständig. Die weiß von nichts: „Wir müssen uns erstmal kundig machen,“ sagt Behörden-Pressesprecher Michael Mrozek, „hier sind ja jetzt ganz neue Leute zuständig.“

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