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„Tatbestand der Bestechung“

Kritik an Schill-Vorschlägen, die Polizei sponsern und deren Einsätze bei Großveranstaltungen privat finanzieren zu lassen  ■ Von Elke Spanner

Was für die taz hamburg am Sonnabend noch Phantasterei in einer Glosse war, wird in der Innenbehörde jetzt ernsthaft juristisch geprüft: Private Firmen wie das Hamburger Kosmetikunternehmen Beiersdorf sollen Uniformen und Ausrüstung der Polizei sponsern – und womöglich dafür ihren Firmennamen auf Streifenwagen wiederfinden. „Sponsoring ist nicht von vornherein ausgeschlossen“, sagt Innenbehördensprecher Hartmut Kapp, „es muss nur sichergestellt werden, dass eine Beeinflussung der Polizei durch die Spender ausgeschlossen ist“.

Innensenator Ronald Schill hatte BürgerInnen und Betriebe dazu aufgerufen, für neue Uniformen der Polizei Geld zu spenden. Etliche Firmen sowie Verbände hatten umgehend ihr Interesse signalisiert. Für Christian Busold, Hamburger Rechtsanwalt und Experte für Innere Sicherheit, wären Spenden an die Polizei hingegen strafrechtlich relevant – als Bestechungsdelikt: „Das müsste für jeden aufmerksamen Staatsanwalt Anlass sein, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.“ Für den Tatbestand der Bestechung sei es nicht einmal erforderlich, dass ein Amtsträger für ein Geldgeschenk einen konkreten Gefallen verspricht. Auch ohne bestimmte Gegenleis-tung läge eine Straftat vor.

Um den Spenden die strafrechtliche Relevanz zu nehmen, wurden schon in der Vergangenheit Modelle entwickelt. In Nordrhein-Westfalen etwa hatte die dortige CDU in den neunziger Jahren immer wieder Versuche gestartet, Polizei-Schreibmaschinen und Handys sponsern zu lassen. Schließlich gründete man dort den „Freundeskreis Polizei“, der die Spenden entgegennimmt – und an die Polizei weiterleitet, ohne dass die den Namen des Spenders erfährt.

Einen solchen Polizeiverein gibt es auch in Hamburg. Auch der soll die direkte Zuwendungskette zwischen Spender und Empfänger unterbrechen. Welche Rolle er in Zukunft bei Firmenspenden einnehmen soll, wird laut Behördensprecher Kapp ebenfalls geprüft. Denn fest stehe bereits, dass „Sponsoring bei der Polizei mit Sicherheit nicht so aussehen kann wie beim HSV“.

Auch beim zweiten Schill-Vorstoß vom Wochenende gibt es noch erheblichen Klärungsbedarf: Der Innensenator hat angekündigt, Großveranstalter wie HSV und FC St. Pauli an den Kosten für Polizeieinsätze bei ihren Events zu beteiligen. „Wir wollen die Gespräche mit der Innenbehörde erst einmal abwarten“, sagt die Geschäftsführerin des FC St. Pauli, Tatjana Groeteke. Laut dem Vorstandsvorsitzenden des HSV, Ex-Innensenator Werner Hackmann, sei es unmöglich, zwischen Veranstaltungen „ganz normaler Art“ und Fußballspielen zu differenzieren. SPD-Chef Olaf Scholz mahnte, der Staat müsse „das Gewaltmonopol behalten, sonst gibt es Sicherheit irgendwann nur noch für reiche Vereine“. Rechtsanwalt Busold warnt, wenn Schill die Kosten und damit die Verantwortung für „Gefahrenabwehr“ auf private Veranstalter verlagere, schaffe er einen „(staats)rechtsfreien Raum“.

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