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Eltern kaufen Bücher

■ Schulbehörde will Lernmittelfreiheit aufheben und Schulpflicht ab fünf prüfen

Nichts ist tabu: Schulsenator Rudolf Lange (FDP) stellt alles auf den Prüfstand: Nachdem Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel verkündet hatte, die Kinder schon mit fünf Jahren in die Schulen beordern will, soll nun auch die Hamburger Schulbehörde eine frühere Schulpflicht prüfen. Auch die seit über 50 Jahren kostenlosen Schulbücher stehen zur Disposition: „Es ist beabsichtigt, die unentgeltliche Vergabe von Lernmitteln schrittweise durch ein Modell gezielter Förderung abzulösen und gleichzeitig Mittel einzusparen“, heißt es im Haushaltsentwurf der Schulbehörde.

Und das bedeutet: Eltern sollen wieder für die Bücher ihrer Kinder zahlen. Wer sich das nicht leisten kann, soll Gutscheine und dafür nach wie vor seine Bücher umsonst erhalten. Britta Ernst, schulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, lehnt diese Pläne kategorisch ab: Sie bedeuteten nicht nur hohen bürokratischen Aufwand, sondern stigmatisierten Kinder aus einkommensschwachen Familien. Ernst nennt das eine „sozialpolitische Untat“ und befürchtet eine „Zwei-Klassen-Gesellschaft im Klassenzimmer.

Ihre Kollegin von der GAL, Christa Goetsch, findet jedoch nichts dabei, dass seinen Atlas künftig selbst bezahlt, wer sich das leisten kann, „das ist eine nachdenkenswerte Maßnahme“. Und mit dem eingenommenen Geld könnte man sinnvolle Projekte beispielsweise in sozialen Brennpunkten fördern.

Die Elternkammer hat derweil in einem Brief an den Senator Antworten auf viele noch offene Fragen gefordert. Beispielsweise: „Kommt die Auflösung der Schulgebietsgrenzen?“ und „Soll das Elternwahlrecht bei der Wahl der Schulform nach Klasse 4 und zu den Zeugnissen in der Grundschule abgeschafft werden?“ Die Kammer-Vorsitzende Meike Jensen sorgt sich außerdem, dass die geplante Schulgesetzänderung Elternrechte einschränken könnte.

Der Deutsche Lehrerverband- Hamburg, der sich nach der Wahl noch viel vom neuen Senat versprochen hatte, geht nun auf Konfrontationskurs: „Schulsenator gesucht! Schulbehörde ohne klaren Kurs“ klagt die Gewerkschaft und kritisiert den fehlenden Kontakt Langes zu den pädagogischen Fachleuten an der Basis. san

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