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„Amerika ist die amtierende Theokratie“

Philosoph Peter Sloterdijk im taz-Gespräch über die „Dekadenz der Universität“ und die Symbolik einstürzender Türme

KARLSRUHE taz ■ Wegen der „Dekadenz der Universität“ sei es an der Zeit, dass sich die Philosophie mit anderen Medien verbünde, sagte Peter Sloterdijk im taz-Gespräch. Er wird ab Sonntag zusammen mit seinem Kollegen Rüdiger Safranski die neue ZDF-Sendereihe „Im Glashaus – Das Philosophische Quartett“ moderieren. Aus seiner Sicht handelt es sich um ein „Experiment im Gefressenwerden“, da das Fernsehen ein „kannibalisches Medium“ sei. Grund für seinen TV-Auftritt: „Die deutschen Geisteswissenschaften pflegen eine Tradition des Ressentiments gegen Ansätze, die sich abseits vom akademisch gebetteten Hauptstrom des Denkens etablieren.“

Zweifel an seiner Integrität als essayistischer Philosph mochte Sloterdijk, der zuletzt 1999 mit seiner so genannten Elmauer Rede zu „Regeln für den Menschenpark“ heftig kritisiert worden war, nicht aufkommen lassen: „In Frankreich oder Amerika ist die Koexistenz von Literatur und Akademie eine Selbstverständlichkeit“, sein Werk sei als Ergänzungsangebot zu lesen; und als „Aussteigerprogramm für Leute, die im linken Ressentiment zu verkümmern drohen“.

In seiner Bewertung der Anschläge vom 11. September vertritt Sloterdijk eine ähnliche Position wie die indische Schriftstellerin Arundhati Roy: „Wir beobachten einen Doppelkreuzzug, zwei ineinander verhakte Kreuzzüge“, wobei die USA die Rolle der „siegreich amtierenden Theokratie“ spielten. Europa könne nur Vorteile daraus ziehen, über eine „ironische Unterstützung der Vereinigten Staaten hinaus in dieser Angelegenheit keine Interessen zu haben“.

Langfristig könne Europa Amerika den Rang „als Heimstätte der Lebenskunst“ ablaufen, so Sloterdijk. FRA

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