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Kein Muster in gelben Hosen

Stefan Koubek ist Österreicher, bei den Australian Open in Melbourne steht er dennoch im Viertelfinale. Ein bisschen hat er das auch der Verbissenheit von Hermann Maier zu verdanken

aus Melbourne DORIS HENKEL

Eines ist mal klar: Wenn man auffallen will in dieser uniformen Welt, dann muss man was riskieren. Stefan Koubek, 25, aus Klagenfurt hatte Mut, als sein Bekleidungsausrüster im vergangenen Jahr bei einem Turnier in den USA neben schwarzen und weißen auch gelbe Hosen verteilen ließ. Kanariengelb, um genau zu sein – und dermaßen auffällig, dass man froh sein muss, wenn die Hosen nicht auch noch zu singen anfangen. Die schwarzen und weißen Beinkleider gab er zurück seinerzeit, nahm alle gelben und hatte dabei freie Wahl, weil die keiner der anderen Spieler haben wollte. Sechs bis sieben Paar nennt er sein Eigen, und er hofft, dass der Vorrat noch zwei Jahre reicht. Er findet sie toll, diese Hosen, und er ist darin so erfolgreich wie nie zuvor.

Nach seinem Sieg am Sonntag gegen den Qualifikanten Fernando Gonzales aus Chile (7:5, 6:1, 6:7, 6:2) steht Koubek zum ersten Mal im Viertelfinale eines Grand-Slam-Turniers, und er ist damit der erste Österreicher nach Thomas Muster, der ehemaligen Nummer eins, der in Melbourne so weit gekommen ist. Alles in allem ist er auch erst der dritte Österreicher im Viertelfinale eines Grand-Slam-Turniers nach Muster und einem gewissen Peter Feigl, der bei den Australian Open 78 im Viertelfinale gegen den großen Arthur Ashe verlor.

Aber das ist ja schon ein Weilchen her; damals saß fast noch Kaiser Franz Josef auf dem Thron. Und so wie alle Tennisspieler in Deutschland seit Boris Becker und Michael Stich an deren Erfolgen gemessen werden, muss auch Koubek mit Vergleichen leben. „Natürlich wollen die Leute einen zweiten Muster haben“, sagt er, „aber bis auf die Tatsache, dass ich auch Linkshänder bin, gibt es kaum eine Ähnlichkeit.“

Aber es gibt natürlich, neben den Hosen, einen vernünftigen Grund, dass Koubek nach einem eher bescheidenen Jahr – 2001 gewann er bei allen vier Grand-Slam-Turnieren zusammen genommen nur ein einziges Spiel – nun auf einmal erfolgreich ist und so spielt, wie er das von sich schon länger erwartet hat. Er ist so fit wie nie zuvor, was an Tagen wie am Sonntag mit schwülen 35 Grad im Schatten eine besondere Bedeutung hat.

Offensichtlich ist es die richtige Entscheidung gewesen, dem Beispiel vieler österreichischer Athleten aus anderen Sportarten zu folgen und zur Vorbereitung auf die Saison ins Leistungszentrum Obertauern ins Salzburger Land zu gehen. Denn dort hatte er ein Vorbild, von dem man lernen kann, alles aus einem Körper herauszuholen – Ski-Olympiasieger Hermann Maier nämlich, den berühmtesten Sportler des Landes. Stunden um Stunden hat er oben in den Bergen auf dem Fahrrad-Ergometer in die Pedale getreten, und wenn er nicht mehr konnte, genügte ein Blick nach nebenan zum verbissen strampelnden Herminator zur weiteren Motivation. Der arbeitete nach seinem Motorradunfall im vergangenen Jahr im Winter vehement daran, wieder in Form zu kommen, und Koubek versuchte, es ihm gleich zu tun. Auf die Frage, wer auf dem Rad der Bessere sei, gibt er noch immer unumwunden zu: „Hermann ist doppelt so gut.“

Aber in Melbourne geht es nicht um Radfahren, sondern ums Tennisspielen, und da sieht es auch mit Koubeks weiteren Aussichten nicht allzu schlecht aus: Im Viertelfinale spielt er gegen den Tschechen Jiri Novak, der zwar als 24. der Rangliste nominell gut 40 Plätze besser postiert ist als er selbst, aber durchaus nicht außerhalb seiner spielerischen Reichweite liegt. Dass er dabei wieder die gelben Hosen tragen will, versteht sich von selbst. Vielleicht hofft er, dass sich Novak die Augen zuhalten wird.

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