piwik no script img

Joschka Fischer fliegt, die Grünen flattern hinterher

Die Grünen rufen Außenminister Joschka Fischer zu ihrem Spitzenkandidaten aus und stellen ihm Team zur Seite. Zu ihrem Vorbild erklären sie die Wildgänse und deren geordneten Formationsflug

BERLIN taz ■ Die Grünen stellen erstmals in ihrer Parteigeschichte einen Spitzenkandidaten für den Bundestagswahlkampf auf: Joschka Fischer. Der Außenminister wird ein Spitzenteam von weiteren sechs prominenten Grünen-Politikern anführen. Das beschloss der Parteirat mit nur einer Gegenstimme am Montag in Berlin. Fischer, der seiner Partei seit vielen Jahren in einer Art Hassliebe verbunden ist, kommentierte die späte Versöhnung seiner Partei mit ihrem populärsten Politiker mit den Worten: „Es geschehen noch Zeichen und Wunder.“ Mehr als die Spitzenkandidatur freue ihn allerdings „die neue Geschlossenheit der Grünen“.

Die neue Geschlossenheit sah bei der gestrigen Präsentation zunächst so aus: Fischer redete, und alle anderen hörten zu. Um dem Eindruck vorzubeugen, das werde im Wahlkampf auch so sein, charakterisierte Verbraucherschutzministerin Renate Künast das Verhältnis des Spitzenkandidaten zu seinem Spitzenteam mit einem Vergleich aus dem Tierreich: „Bei den Grünen ist das wie bei den Wildgänsen. Einer fliegt vorneweg, die anderen fliegen hinterher. Das nennt man geordneten Formationsflug.“ Teamarbeit soll das signalisieren und gemeinsame Richtung – doch Künast, verantwortliche Ministerin für die Landwirtschaft, zeigte kleine Schwächen in der Ornithologie: Wildgänse wechseln sich während des Fluges an der Spitze häufig ab, und vorneweg fliegt meistens keines der männlichen Tiere, sondern eine alte, erfahrene Leitgans.

So oder so, Fischer freut sich auf den Wahlkampf. „Ich dürste danach, aus der Rolle des Diplomaten heraustreten zu können“, sagte er. Die Wahl werde nicht zwischen Schröder oder Stoiber entschieden werden, sondern von den kleinen Parteien. Ohne sie sei eine Regierungsbildung nicht möglich. JENS KÖNIG

brennpunkt SEITE 5

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen