: Regierungserklärung im grünen Bereich
Weil Rathauschef Wowereit schweigt, verliest Fraktionschefin Klotz eine „alternative Regierungserklärung“
„Diese Regierung verpflichtet sich, gegebene Wahlversprechen einzuhalten. Deshalb wird die im Koalitionsvertrag vereinbarte Schließung des Uniklinikums Benjamin Franklin nicht umgesetzt.“ Nicht vom Regierenden Bürgermeister kam diese Aussage: Da Klaus Wowereit (SPD) in der ersten Parlamentssitzung nach seiner Wahl auf die sonst übliche Grundsatzrede verzichtete, gab Grünen-Fraktionschefin Sibyll Klotz eine „alternative Regierungserklärung“ ab.
Klotz bezeichnete es unter dem Beifall ihrer Oppositionskollegen aus CDU und FDP als „Missachtung des Parlaments“, dass Wowereit sich zu Beginn seiner zweiten Amtszeit nicht zu den Leitlinien seiner Politik äußerte. Für die Spaßaktion im Stile jener putzmunteren Opposition“, wie sie früher Guido Westerwelle für die FDP ankündigte, stellte sich Klotz in einem Nebenraum staatstragend vor Berliner Flagge an ein Rednerpult. „Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen“, sagte sie.
Die Grünen hatten nach ihrer Fraktionsklausur am vergangenen Wochenende angekündigt, sie wollten die „andere Opposition“ sein, konstruktiv arbeiten und nicht blind draufhauen. Die klarsten Worte in der gestrigen Debatte aber kamen nicht vom sonst gerne austeilenden CDU-Fraktionschef Frank Steffel, sondern von Klotz’ grünem Chefkollegen Wolfgang Wieland.
Spöttisch äußerte sich der CDU-Parlamentarier Frank Henkel zur fehlenden Regierungserklärung: Wowereit sei doch sonst ein Freund von Schnelligkeit, der gar nicht schnell genug aus der Koalition habe herauskommen können. Zeit sei nur für den knapp, der sie sich schlecht einteile, meinte Henkel. Mit „einigen Partys weniger“ wäre das nach seiner Einschätzung machbar gewesen.
Die Sozialdemokraten ignorierten sowohl seine Worte wie auch die Grünen-Aktion. Wowereit selbst ging am Nachmittag in der Debatte gar nicht an Mikro.
Die „alternative Regierungserklärung“ der Grünen enthält unter anderem die Forderung, der Dorotheenstraße ihren Vor-Wende-Namen zurückzugeben und sie wieder nach der früheren kommunistischen Reichstagsabgeordneten Clara Zetkin zu benennen. Diese Umbenennung, so Grünen-Fraktionschefin Klotz, sollte Frauensenator Gregor Gysi (PDS) vornehmen.
Sie wiederholte zugleich die grüne Forderung, in der Finanzplanung auf einen Doppelhaushalt zu verzichten. Das von Wowereit vorgegebene Ziel eines ausgeglichenen Haushalts bis 2009 nannte sie Märchenpolitik. Für realistisch hielt sie stattdessen 2015. STEFAN ALBERTI
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