Vom Leerstand zum Standort

Das Friedrichshainer Projekt „Boxion“ soll verwaisten Ladenlokalen wieder neues Leben einhauchen und Existenzgründern im Bereich Kunst und Kultur den Start erleichtern. Am Ende des Jahres müssen die geförderten Projekte auf eigenen Beinen stehen

von LARS KLAASSEN

Der Hype um den „Szenebezirk“ Friedrichshain ist vorbei, und auch die Simon-Dach-Straße wird wieder wie eine ganz normale Kneipenmeile gehandelt. Nach dem kurzen wie heftigen Medienboom ist schnell wieder Ruhe in den Kiez eingekehrt – nur die alten Strukturprobleme sind immer noch da. Rund 20 Prozent Leerstand hat Friedrichshain zu verzeichnen, was berlinweit nicht einmal außergewöhnlich ist. Ungewöhnlicher ist allerdings, dass die Friedrichshainer Gewerbebrachen seit einiger Zeit als öffentlicher Raum zugänglich gemacht werden.

Schon bis zum Ende des Jahres 2001 wurden im Kiez rund um den Boxhagener Platz zehn leer stehende Geschäfte temporär als Ateliers und Ausstellungsräume genutzt. Das Projekt „Boxion“ sollte, vom Quartiersmanagement unterstützt, den Austausch zwischen Bewohnern und Künstlern sowie die Kooperation zwischen Stadtteilarbeit und Projekten nachhaltig verbessern. Nun geht es in die zweite, mehr langfristig angelegte Runde.

Dieses Jahr will „Boxion“ den Ladenleerstand im Bereich östlich der Mainzer und Gärtnerstraße entscheidend verringern. Zu diesem Zweck erhalten Youngster aus den Bereichen Mode, Neue Medien, Gestaltung und Design die Möglichkeit, sich mittelfristig am Standort zu etablieren. Neben den weiterarbeitenden Kunst- und Kulturprojekten aus dem vergangenen Jahr werden 2002 acht weitere, bisher leer stehende Ladenlokale im Quartiersmanagementgebiet Boxhagener Platz durch Kulturunternehmungen belebt.

Die Teilnehmer am Projekt erhalten ein teilsubventioniertes Ladenlokal von 30 bis 70 Quadratmetern Fläche, einen Telefonanschluss, eine Versicherung der Außenverglasung sowie Betreuung und Beratung der Nutzer seitens der Agentur Spielfeld. Darüber hinaus werden sie in die Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und PR für das Gesamtprojekt „Boxion“ 2002 eingebunden.

Bis zum Bewerbungsschluss Mitte Dezember waren 44 Bewerbungen eingegangen. Die endgültige Auswahl der Teilnehmer erfolgte durch die Agentur Spielfeld in Bewerbungsgesprächen. Maximal vier Personen durften sich pro Projekt bewerben. Ziel der Unterstützung soll die Existenzgründung im kulturellen Sektor, also unternehmerische Selbstständigkeit sein. Als erste Teilnehmerin eröffnet Anke Stechbart ihren Modedesign-Laden Anfang Februar in der Jungstraße 10 mit einer kleinen Feier.

Die Läden werden als Arbeitsort genutzt und zugleich zum öffentlichen Raum erweitert. Am Ende des Förderungsjahres soll ein konkretes Ergebnis vorliegen, wie etwa die Übernahme des ungeförderten Mietvertrages durch den Nutzer oder die Anmietung anderer Geschäftsräume in Friedrichshain. Öffentlichkeitsarbeit und Präsenz in der Öffentlichkeit sind feste Bestandteile des Konzepts. Dazu zählen: Außenwerbung, Schaufenstergestaltung, eine Infotafel über Konzept und Tätigkeit und Hinweise auf „Boxion“, das Quartiersmanagement sowie das Projekt „Soziale Stadt“.

Die Teilnehmer verpflichten sich, feste Öffnungszeiten einzuhalten und an den gemeinsamen Aktionen von „Boxion“ teilzunehmen. „Boxion“ soll ein Netzwerk werden, das sich durch „Ressourcen-Sharing“ trägt, wobei jeder Einzelne für Basics wie Zahlung der Miete und Sicherheit des Finanzkonzeptes selbst geradestehen muss. Flankiert wird „Boxion“ von einem warmen Geldregen aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Im Zuge der 2001 stadtweit ins Leben gerufenen Quartiersfonds gingen auch in das Quartier um den Boxhagener Platz eine Millionen Mark. Bewohner, ansässige Initiativen, Vereine und Einrichtungen wurden aufgefordert, sich mit Projektideen und Vorschlägen zu bewerben, die den Kiez attraktiver machen sollen.

Das Geld wurde auf 60 Projekte für das Quartier und seine Bewohner verteilt. Dazu zählt etwa ein Kiezcafé in der Wühlischstraße 42, das wohnungslosen Menschen einen Treffpunkt, Beratungen und in den Wintermonaten auch Schlafplätze bietet.

Auf Vorschlag der Platzmeister, die sich um die Pflege der öffentlichen Quartiersplätze kümmern, wurden zudem Gelder für die Unterpflasterung der Parkbänke auf dem Boxhagener Platz genehmigt. Die im Grundsatz bereits bewilligten Gedenktafeln von Maueropfern erhielten ebenso einen finanziellen Zuschuss wie der UBI-Mieterladen e. V., mit dem die Durchführung eines Workshops zum Thema Bürgerbeteiligung ermöglicht werden soll.

Der Eröffnungsrundgang für alle „Boxion“-Projekte findet am 2. März statt. www.boxion.de