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Atomgesetz verabschiedet

Bundesrat genehmigt Atom- und Naturschutzgesetz, vertagt allerdings die Lkw-Maut und die sozial-ökologische Reform der Agrarsubventionen. Kioto-Protokoll zum Klimaschutz verabschiedet

von REINER METZGER

Ein Bundesminister ließ gestern die Sektkorken knallen: Jürgen Trittin feierte den Abschluss seiner letzten Gesetzesvorhaben. Denn der Bundesrat hatte das Atomgesetz und das Bundesnaturschutzgesetz durchgewunken. Verbraucherministerin Renate Künast hingegen muss bei den Agrarsubventionen weiterverhandeln. Ihr Modulationsgesetz, das ein Umschichten der Milliardenzahlungen der Europäischen Union nach neuen Kriterien – etwa geschaffener Arbeitsplätze oder bestimmter Umweltstandards – vorsieht, wurde von den Bundesländern in den Vermittlungsausschuss verwiesen.

Laut dem jetzt gültigen Atomgesetz dürfen in Deutschland keine neuen AKW gebaut werden; die alten werden im Schnitt nach 32 Jahren Betriebszeit abgeschaltet. Bei der Wiederaufarbeitung von Atommüll im Ausland sollen nur noch bestehende Verträge abgearbeitet werden. Umweltverbände hatten am „Atomkonsens“ allerdings stets die langen Zeiträume kritisiert. Eine neue Bundesregierung könne einen solchen Ausstieg jederzeit rückgängig machen.

Mit dem neuen Bundesnaturschutzgesetz dürfen jetzt auch Verbände Klagen – etwa gegen Verkehrsprojekte – und nicht mehr nur Privatpersonen. Ein Biotopverbund soll künftig zehn Prozent der Landesfläche ausmachen. Das Verhältnis von Naturschutz zu anderen Bereichen wie Agrar, Sport oder Erholung wird neu definiert. Die großen deutschen Umweltverbände BUND, Nabu, WWF und DNR begrüßten gestern die Verabschiedung. Jetzt seien vor allem die lange zögerlichen Bundesländer gefordert, die neuen Richtlinien konsequent im Sinne des Naturschutzes umzusetzen, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung.

Der Bundesrat beschloss gestern auch, das Klimaschutzprotokoll zu ratifizieren. Es war im japanischen Kioto aufgestellt und schließlich im November 2001 in Marakesch im Detail vereinbart worden. Das Protokoll soll regeln, wie und wie stark die Industrieländer ihre Emissionen an Treibhausgasen reduzieren müssen. Das Hauptemissionsland USA wird nicht unterzeichnen, so Präsident George Bush.

Das von der Bundesregierung geplante Mautgesetz überwies der Bundesrat hingegen an den Vermittlungsausschuss. Damit gilt als sicher, dass das Erfassungssystem nicht wie ursprünglich geplant ab Anfang 2003 arbeiten kann. Ursprünglich ab diesem Datum sollte auf Autobahnen eine Abgabe von durchschnittlich 15 Cent pro Kilometer für Lkws über zwölf Tonnen kassiert werden. Alle wollen zwar die Maut, die Bundesländer fürchten jedoch, dass nach dem bisherigen Gesetzestext ein Teil der Gelder in Finanzminister Eichels großem Haushaltstopf verschwindet – anstatt direkt in Verkehrsprojekte zu fließen.

Verbraucher- und Landwirtschaftsministerin Künast hat nun noch etwa zwei Wochen bis zur Sitzung des Vermittlungsausschusses Zeit, um die Länder von der Reform der Agrarsubventionen zu überzeugen. Der bayerische Agrarminister Josef Miller (CSU) sagte, das Modulationsgesetz ziehe einen enormen Verwaltungsaufwand nach sich. Ander kritisierten, die Modulation sei für den Steuerzahler sehr teuer und habe nur geringe Umweltauswirkungen. Da ist etwas dran, so Agrarexperten – allerdings vor allem deshalb, weil das Haus Künast nur zwei Prozent der Mittel aus Brüssel umleiten will, und das auch erst ab dem Jahr 2003. Möglich wären laut den EU-Regeln der Agenda 2000 maximal 20 Prozent. Das allerdings war von vorne herein bei den Bundesländern nicht durchsetzbar. Ministerkollege Trittin würde Künasts Dilemma so formulieren: Das Gesetz ist ein Einstieg in den Ausstieg.

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