: Freistaat GAL
In Münster können unzufriedene Grüne jetzt der „Grünen Alternativen Liste“ beitreten und im Kreisverband bleiben
MÜNSTER taz ■ Die Münsteraner Grünen haben einen originellen Beitrag zum Thema Parteireform geleistet. Mit einer bundesweit einmaligen Satzungsänderung sorgten sie dafür, „dass auch Personen, die nicht Mitglied der Bundespartei sein wollen, gleichberechtigt in unserem Kreisverband mitarbeiten und mitentscheiden können“.
Dem stimmten am späten Donnerstagabend rund 80 Prozent der Mitgliederversammlung zu. Nach bundespolitischen Zumutungen wie jüngst dem Ja zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan „stellte sich die Gefahr der Spaltung konkret“, sagt Wilhelm Achelpöhler, frisch wiedergewählter Vorstandssprecher.
Andernorts sind bereits ganze Ortsverbände ausgetreten, wie im Wendland, oder haben sich aufgelöst, wie im westfälischen Dülmen. In Münster hingegen will der Kreisverband (KV) auch weiterhin das gesamte grün-alternative Spektrum abdecken. Diejenigen also, die sich mit der Politik der Parteispitze um den „Leitganter“ Joschka Fischer nicht mehr identifizieren, können ab sofort der kommunalpolitischen Vereinigung „Grüne Alternative Liste“ (GAL) beitreten. Sie sind nicht Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen, bleiben aber unter dem Dach des KV. Sie haben alle Rechte und Pflichten – mit zwei Ausnahmen: An den Delegiertenwahlen zu Bundes- und Landesparteitagen können sie nicht teilnehmen, und ihre Mitgliedsbeiträge gehen ausschließlich an die GAL.
In der Grünen-Hochburg Münster entstand eine GAL schon 1979, ein Jahr vor den Grünen. 1993 dann fusionierten beide. Nun kommt es zur Neugründung. Vorstandssprecher Achelpöhler hofft, dass dieses „sehr positive Modell eine Austrahlung weit über Münster hinaus hat“. Auch Hery Klas, Ratsherr, grünes Urgestein in Münster und Protagonist der GAL-Lösung, ist zufrieden. Sowenig er Wahlkampf für „Fischer und Bütikofer“ machen will: In der Kommunalpolitik wolle er mit anderen „erfolgreich“ weiter arbeiten.
Bei den verbleibenden Mehrheits-Grünen hält man die GAL-Konstruktion „in schwieriger Situation für allemal besser“, als altbewährte MitstreiterInnen zu verlieren. Das sieht Achelpöhler genauso wie der Bundestagsabgeornete Winfried Nachtwei. Zugleich will sich der KV selbstverständlich im Bundestagswahlkampf engagieren. Eine Gefahr, beim Wahlvolk auf Verständnisschwierigkeiten zu stoßen, sehen alle Beteiligten nicht.
MARCUS TERMEER
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