„Musikfest rechnet sich“

■ Mehr junge Gäste mit mehr Übernachtungen – so käme Geld in die Kassen, sagt ein Gutachten

Am Mittwoch werden die Wirtschaftspolitiker des Bremer Parlaments über das Bremer Musikfest beraten. Die Management-Beratungsfirma Metrum hat ein Gutachten vorgelegt, das Grundlage für weitere Entscheidungen sein soll. Bremens Kulturpolitiker sind dabei weniger gefragt.

Große Kulturentscheidungen wie die Zukunft für das Musical, für die Glocke oder für das Musikfest werden vorrangig unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten beraten. Die eigenen Konzertreihen der Glocke (z.B. „Glocke vokal“) wurden so gestrichen, das Musikfest soll aber jährlich weiter wie im Jahre 1999 882.000 Euro wert sein.

Hauptargument der Wirtschaftsberater: Bei ihrer Befragung haben die Sponsoren, die ein Drittel zur Finanzierung beitragen, angegeben, sie würden das Musikfest „für geschäftliche Zwecke nutzen“ und dafür sei ein jährlicher Rhythmus wichtig. Bei einem zweijährigen Rhythmus wären die Marketingkosten relativ höher.

Um die Kosten im Griff zu behalten, soll aber das Musikfest zeitlich konzentriert werden, an drei Wochenenden sollen die wesentlichen Highlights stattfinden. Ein „festes Ritual“ wie die „Große Nachtmusik“ im vergangenen Jahr soll es jedes Mal zum Auftakt geben. Und dann heißt es: „Eine künstlerische Leitfigur als Repräsentant sollte einen (persönlichen) Bezug zu dem gewählten Thema aufweisen.

Die künstlerische Leitfigur hat die Aufgabe, das Thema jährlich zu variieren und zu interpretieren. Neben der inhaltlichen Themengestaltung liefert die künstlerische Leitfigur Vorschläge hinsichtlich Einzuladender sowie der Wahl und Gestaltung der Spielorte.“ Das ist offenbar bei der Marke „Justus Frantz“ abgeguckt.

Die Wahl unkonventioneller Spielorte in Fabrikhallen ist zu teuer, haben die Gutachter festgestellt, es wäre höchstens „zweckmäßig“, für das jährliche Musikfest eine zentrale „besondere“ Spielstätte auszustatten, die über eine „besondere Atmosphäre und einen eigenen Bremen-Bezug verfügt“. Diese Spielstätte sollte aber über 1.800 Plätze verfügen, damit Konzerte dort ein großer Event werden können.

Im Detail hat die Umfrage der Wirtschaftsberater ergeben, dass das Publikum im Vergleich zu den konsumstarken Altersgruppen „überaltert“ ist: 43 Prozent der Besucher sind über 56 Jahre alt, das Durchschnittsalter liegt bei 52 Jahren. Genauso wichtig für das Wirtschaftsressort ist die Frage, wie viele der Besucher von weit her kommen und in Bremen Übernachtungsausgaben tätigen: 40 Prozent der Besucher, die mehr als 70 Kilometer zu fahren haben, übernachten in Bremen, statistisch sogar 2,3 Mal. Nach eigenen Angaben gibt jeder 376 Euro aus. Aber nur 18 Prozent der Besucher legt einen so langen Weg zum Musikfest zurück, und nur 10 Prozent der auswärtigen Besucher gehen noch Einkaufen in Bremen.

Die meisten Besucher kommen aus einem Umkreis von 10 oder etwas mehr Kilometern. Das ist schlecht für die Wirtschaftlichkeitsberechnung, denn diese Besucher zählen praktisch nicht. Der Wirtschaftssenator rechnet mit einem „Umsatzvolumen“ von 4,487 Millionen Euro im Zusammenhang des Musikfestes, diese Summe wird mit den „Regionalmultiplikatoren“ multipliziert und in 122 Arbeitsplätze umgerechnet, was unter dem Strich zu rechnerischen Steuereinnahmen von 994.000 Euro führt – bei einem Zuschuss von 882.000 Euro „rechnet sich das Musikfest also regionalwirtschaftlich“, ist die Schlussfolgerung des Berichtes vom Wirtschaftssenator an die Wirtschaftsdeputation. Also soll es bleiben.

„Aus kulturpolitischer Sicht“, sagt die SPD-Kulturpolitikerin Carmen Emigholz, seien aber die von ihr aufgeworfenen Fragen keineswegs hinreichend beantwortet. Helga Trüpel, grüne Kulturpolitikerin, ist von dem Argument der notwendigen „Kontinuität“ eines Musikfestes überzeugt. Sie hat eher Sorge bei der Personalpolitik des Wirtschaftsressorts.

Die Geschäftsführerin des Musikfestes und der Glocke, Ilona Schmiel, sei ihrer Beobachtung nach „einigen Herren“ einfach „zu selbstbewusst“ gewesen. Wenn jetzt ihre Stelle nicht überregional ausgeschrieben werden solle, um eine neue kompetente Leitung zu bekommen, sondern „kommissarisch“ und mit „Bremer Hauslösungen“ besetzt werden soll, dann sei dies „kulturpolitisch und wirtschaftspolitisch ein Fehler“.

Klaus Wolschner