: Rücksichtlos selbstzweifellos
Statt deutlicher Stellungnahmen zu den Gerüchten der Stadt gibt der Innensenator nur Wiederholungen zum Besten ■ Von Peter Ahrens
Alles schaut auf den Auftritt des Innensenators im Parlament, alles wartet auf eine deutliche Stellungnahme zu den durch die Stadt ziehenden Gerüchten der vergangenen Tage, und was macht Ronald Schill? Er wiederholt fast wortgleich, was er am Tag zuvor schon zur 100-Tage-Bilanz des Senats vor der Presse erzählt hat: Von den Altersfeststellungen für Flüchtlingeaus Burkina Faso, von dem Polizeipräsidenten, „um den uns ganz Deutschland beneidet“, von den Dealern, gegen die „wir rücksichtslos auf Repression setzen“.
Die Angriffe von SPD und GAL lässt er abprallen, als gebe es all die Vorwürfe gegen ihn gar nicht: „Sie können nichts als mit Dreck zu schmeißen.“ SPD und GAL haben an diesem Tag genug Futter, um die Debatte fast allein auf Schill zuzuspitzen. SPD-Fraktionschef Uwe Grund konzentriert sich auf die Vorwürfe gegen Schills Personenschützer aus dem Wahlkampf, von denen der Senator nichts gewusst haben will. „Aufs Tanzfest der Polizeigewerkschaft geht Schill mit Bodyguards, aber in die halbseidenen Clubs geht er ungeschützt“, greift Grund an und erwähnt wie nebenbei, dass einer der Leibwächter Schills aus dem Wahlkampf auf dem Handrücken ein „Hate“ eintätowiert habe, „wie man es aus dem rechtsradikalen Schläger-Milieu kennt“.
Und der GAL-Abgeordnete Manfred Mahr, der mit seiner Rede in der vergangenen Bürgerschaftssitzung die Lawine ins Rollen brachte, hält dem Senat „die erstaunliche Leistung, schon nach drei Monaten zwei Senatoren haarscharf am Rücktritt vorbei balancieren zu lassen“ vor. An den senatstragenden Parteien geht das ohne Selbstzweifel vorbei.
Bürgermeister Ole von Beust (CDU), der erst nach Schill ans Rednerpult tritt, gibt seinem angeschossenen Senator Rückendeckung, spricht von „ungeheuren Vorwürfen“, von Ehrabschneidung und Denunziation. Und für den Schill-Fraktionschef Norbert Frühauf arbeite die Opposition mit einer „Zersetzungstaktik aus dem Stasi-Handbuch“. Sein Parteifreund Dirk No-ckemann, Büroleiter Schills in der Behörde, springt ihm bei. Nockemann, der sich in seiner 100-Tage Bilanz besonders darüber freute, dass „die Ausländerbehörde jetzt nicht mehr stundenlang Koalitionsverträge wälzen muss, um zu wissen, was sie tun und lassen kann“, hält die Vorwürfe für die „Fortsetzung des Biertisches mit anderen Mitteln“.
Die FDP schwimmt in gewohnter Weise mit: „Die Sozialdemokratie schreibt ein für sie unwürdiges Drehbuch mit dem Titel: Wie schaffe ich einen Märtyrer“, sagt Fraktionschef Burkhardt Müller-Sönksen. Den Wunsch von SPD und GAL nach Aufklärung der Vorwürfe lassen die Regierungsfraktionen abblitzen. Der Antrag der Sozialdemokraten, in einer Sondersitzung des Innenausschusses über die Schill-Gerüchte zu reden, ist auf Betreiben der Schill-Partei abgelehnt worden. So kommt der Innensenator zumindest nicht wieder in die Versuchung, die Ausschuss-Sitzung vorzeitig verlassen zu müssen.
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