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Kampf um die Menschen

Die Wohnungspolitik wird in den kommenden Jahren gegen einen starken Bevölkerungsrückgang kämpfen müssen  ■ Von Gernot Knödler

Die Bevölkerung in Deutschland und Europa wird in den kommenden Jahren drastisch zurückgehen. Daraus ergibt sich zwar nicht automatisch auch ein Rückgang in Hamburg. Allerdings wird die Stadt mit anderen Metropolen um Menschen konkurrieren und ihr Wohnungsangebot entsprechend anpassen müssen. „In den nächsten zehn Jahren wird eine Vielzahl von Wohnungen zur Verfügung stehen, die niemand haben möchte“, spitzt es Hans-Joachim Rösner, Geschäftsführer der Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft (Steg) zu.

Schon seit Jahren warnt der Bielefelder Bevölkerungswissenschaft-ler Herwig Birg vor den Folgen des Geburteneinbruchs in Deutschland. In einer mittleren Variante hat er unlängst vorausberechnet, dass statt heute 82 Millionen 2030 noch 77,5 Millionen und 2050 nur 68 Millionen Menschen in Deutschland leben werden. Die Masse der geburtenstarken Jahrgänge von Mitte der 50er bis Mitte der 60er Jahre wird in dieser Zeit immer älter werden. Ihre niedrige Geburtenrate wird die Deutschen bis in die letzten Jahrzehnte dieses Jahrhunderts immer weniger werden lassen. Auch eine Zuwanderung von mehreren Hunderttausend Menschen pro Jahr werde die Verluste nicht ausgleichen können.

In Hamburg rechnet das Statistische Landesamt schon für die Zeit bis 2015 mit einem Bevölkerungsrückgang um 40- bis 80.000 Menschen. Der Unterschied ergibt sich aus verschiedenen Annahmen über die Zuwanderung von Ausländern. Ihr Anteil würde von derzeit 15,4 Prozent auf 16,1 oder 17,7 Prozent wachsen. Tendenziell wird sich der demographische Umbruch in den Jahren nach 2015 immer stärker bemerkbar machen.

Trotzdem bewertet die Wohnungswirtschaft die Entwicklung in Hamburg vorsichtig optimistisch. Die großen Städte, so die verbreitete Annahme, werden im Allgemeinen weiterhin Zulauf haben: von Migranten, Studenten, Menschen, die Arbeit suchen. „Hamburg ist zu attraktiv“, glaubt der Projektmanager Thomas Maul, „es wird keinen starken Rückgang geben“. Hamburg könne überdies etwa im Vergleich zu München niedrige Lebenshaltungskosten bieten, meint GWG/Saga-Sprecher Adrian Teetz: „Wir haben eine Mietpreisentwicklung, die uns attraktiv macht für zuziehende Arbeitnehmer.“

Auf jeden Fall wird Hamburg Angebote machen müssen: „Wenn man sich dem Wettbewerb unter den europäischen Standorten nicht stellt“, warnt der Wohnungsbeauftragte des Senats, Tassilo Braune, „wird man irgendwann hinten runterfallen.“ Bürgermeister Ole von Beust hat vorsichtshalber gleich die Parole einer „wachsenden Stadt“ mit dem Ziel von zwei Millionen Einwohnern ausgegeben.

In den Augen des Projektmanagers Maul wird der Wettbewerb wesentlich über die Pflege der Wohnungsbestände entschieden werden. Der Bedarf an Neubauten gehe mit der Alterung der geburtenstarken Jahrgänge zurück. Er sei aus ökologischen Gründen nicht wünschenswert und volks- wie betriebswirtschaftlich gesehen zu teuer. Wohnvierteln von niedriger Qualität und schlechtem Ruf drohten Verslummung und Verfall, „wenn dort nichts passiert“.

Die Unternehmen haben deshalb mit der Modernisierung ganzer Quartiere begonnen. Sie legen Wohnungen zusammen, schneiden Bäder neu, tauschen Heizungen aus und verbessern das Wohnumfeld. Von der Steg bis zur Saga versuchen sie, Menschen unterschiedlichen Einkommens in den Vierteln zu mischen. Für Jens Heiser von der Baugenossenschaft Dennerstraße steht dabei auch zur Debatte, ob in Zukunft „monoethnische“ Quartiere akzeptiert werden sollten. Denn eines ist für Heiser sicher: „Wir brauchen Zuwanderung – das ist die wich-tigste Botschaft, mit der man sich zu beschäftigen hat.“

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