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Schill lässt Haupthaar testen

Hamburgs Innensenator will jetzt doch eine Haarprobe abgeben, um den Vorwurf des Kokainkonsums zu entkräften. CDU-Bürgermeister Ole von Beust geht auf Distanz

HAMBURG taz ■ Die Luft für Hamburgs Innensenator Ronald Schill wird dünn. Schwer belastet durch neue Vorwürfe im Fernsehmagazin „Panorama“, erklärte Schill gestern seine Bereitschaft zur Abgabe einer Haarprobe. Mit ihr sollen die Anschuldigungen überprüft werden, gegen die sich Schill seit einer Woche auch öffentlich wehren muss: dass er kokst. Die Hamburger Staatsanwaltschaft erklärte gestern, dass sie einen entsprechenden Anfangsverdacht prüfe.

Täglich gibt es derzeit neue Vorwürfe gegen den Rechtspopulisten, zum Beispiel habe er mehrfach vorbestrafte Türsteher als Personenschützer engagiert oder sein Staatsrat Walter Wellinghausen habe als Anwalt Klienten aus der organisierten Kriminalität verteidigt. Und: Schill bewege sich nicht nur im koksschnupfenden Milieu, sondern konsumiere selbst.

In „Panorama“ hatte ein Anonymus, angeblich selbst Mitglied der Schill-Partei, in einer eidesstattlichen Versicherung behauptet, er habe Schill mindestens drei Mal bei der „Einnahme eines weißen Pulvers“ beobachtet. So habe er gesehen, wie Schill am Abend seines Wahltriumphes am 23. September das Pulver „direkt aufs Zahnfleisch“ aufgetragen und anderen etwas angeboten habe. Bisher hatte Schill alle Anwürfe als Schmutzkampagne abgetan. Dabei blieb er auch gestern: Es sei „skurril“, ihm Kokainkonsum zu unterstellen. Der „Panorama“-Zeuge sei „eine anonyme Dreckschleuder“, er werde Strafanzeige gegen ihn stellen. Auch gegen „Panorama“ prüfe er rechtliche Maßnahmen. Der Fraktionschef der Schill-Partei, Norbert Frühauf, teilte mit, bei der Wahlparty habe es „Schweinebraten, Bratkartoffeln und Bier gegeben, kein Kokain“.

Nicht nur seinen politischen Gegnern reicht diese Verteidigungshaltung nicht mehr. Auch CDU-Bürgermeister Ole von Beust, der noch am Mittwoch eine Ehrenerklärung für Schill abgegeben hatte, nahm recht kühl Stellung: „Ich begrüße die Entscheidung von Innensenator Schill, alle rechtlichen Schritte im Zusammenhang mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfen einzuleiten.“

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, will Schill „zwar nicht zum Haartest zwingen“, sagt aber: „Er ist jetzt gefordert, Stellung zu beziehen und die Karten auf den Tisch zu legen.“ Schill selbst hatte gegenüber der Bild-Zeitung zwar geäußert, er stehe „Haartests grundsätzlich kritisch gegenüber“. Um die Gerüchte zu entkräften, sehe er sich jedoch dazu genötigt. Die Fans des FC St. Pauli hatten es schon vorher gewusst. Am Mittwoch hielten sie vor dem Gastspiel des FC Bayern München am Millerntor ein Transparent hoch: „Hoeneß fordert: Schill zum Haartest“.PETER AHRENS

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