: Immer wieder Manu Chao
Die heitere Seite des Protests zeigt der Genua-Film „Un mondo diverso e possibile“ (Sondervorführung)
Gleich nach der Vorführung stand jemand aus dem Publikum auf, und sagte, dass nach den Protesten viele Menschen, darunter auch er selbst, wochenlang inhaftiert worden seien. Das hätte der Film nicht erzählt.
Einer der 33 beteiligten Regisseure stand vor der Leinwand und erklärte, warum von der Polizei so wenig zu sehen gewesen sei: eben weil die Gewalt ja sonst stets im Mittelpunkt stehe. Für die heitere Seite des Protests gibt es im Film viele Beispiele: Aufnahmen von fröhlichen Demonstranten bei der Ankunft am Bahnhof, Trommeln, Tanz, spielende Kinder. Dazu Statements aus Interviews, Musik von Bob Marley und Manu Chao.
Nur wenige Weiteinstellungen von der abgesperrten, menschenleeren Innenstadt unterbrechen die farbenfrohe Demonstrations-Idylle, bis dass es plötzlich still wird und der Film aus diskreter Entfernung einige Militante zeigt, die mit Stöcken die Windschutzscheiben parkender Autos bearbeiten. Dann doch die obligatorischen Szenen von der blutigen Schlacht: Einstellungen von wild gewordenen Polizisten, die in schwerer Kampfmontur auf wehrlose Demonstranten eintreten. Kurz darauf Carlo Giuliani, erschossen und überfahren. Am Ende noch einmal die Menschenmenge mit erhobenen Händen, viele in der Sonne, einige vorne im Schatten.
33 Regisseure, darunter Ettore Scola und die Brüder Taviani, haben ihren Blick auf die Proteste von Genua gerichtet – ein atmosphärischer, harmonischer Bericht ist dabei herausgekommen. Ein bisschen wenig. Mit einer ähnlichen Ästhetik verkaufen auch Konzerne ihre Autos. Dafür das Leitmotiv des Sozialen Forums für den Titel zu übernehmen, das ist Trittbrettfahrerei.
RAINER BELLENBAUM
„Un mondo diverso e possibile“. Regie: F. Maselli, G. Pontecorvo. Italien 2001, 55 Min.
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