piwik no script img

Bremen kauft Dittmeyer-Kaje zurück

■ Bremen kann 1,5 Kilometer langes Kajen-Grundstück am Europahafen zurückkaufen - muss aber das Doppelte des Kaufpreises, den die Stadt 1999 kassierte, jetzt dafür auf den Tisch legen

Wenn am 14. Februar die Wirtschaftsförderausschüsse tagen, dann soll in aller Stille ein peinliches Kapitel der Stadtentwicklung begraben werden: Die Parlamentarier sollen absegnen, dass der Wirtschaftssenator ein 1,5 Kilometer langes Grundstück am Europa-Hafenbecken, das 1999 für 51 Mark pro Quadratmeter verkauft wurde, jetzt für 53 Euro den Quadratmeter zurückgekauft wird.

Der Dumping-Preis sorgte schon damals für heftige Kritik, aber noch mehr wurde über den Sinn des Verkaufs gestritten: Der damals zuständige Häfensenator Uwe Beckmeyer (SPD) wollte um jeden Preis verhindern, dass die Stadtentwicklung die citynahen Hafenreviere für moderne Dienstleistungsbüros in Beschlag nimmt. Mit der Begründung, dass Schiffe aus Übersee dort direkt anlegen und frische Orangen anliefern könnten, wurden 1,5 Kilometer Kaje an die Dittmeyer-Firma verkauft. Die Kaje liegt heute noch auf ganzer Länge ungenutzt da – genau wie damals. Auch brauchte der Apfelsinensaft-Hersteller natürlich nicht diesen riesigen Schuppen für seine Produktion. Im Schuppen 1, der dem direkten Zugang zur Weser für den Stadtteil Walle im Wege steht, werden Bohrkerne für das Geologische Institut der Universität Bremen gelagert. Die benötigen aber den Blick auf das Wasser genauso wenig wie die Apfelsinensaftpressen im Schuppen 3.

Das mit den anlegenden Schiffen wurde auch nie etwas. Und als der betagte Unternehmer Rolf H. Dittmeyer im Sommer 2000 Insolvenz anmelden musste, interessierten sich wohl einige Konkurrenten für die Marke „Valensina“, aber niemand wirklich für die Abfüllanlage an der Europahafen-Kaje. Zwar hatte Beckmeyer damals vorsorglich für den Fall, dass Dittmeyer scheitern sollte, ein Wiederkauf-Recht in den Kaufvertrag hineinschreiben lassen. Wie das Wirtschaftsressort nun einräumen musste, bezieht sich dieses Recht aber nicht auf den alten Kaufpreis. Wenn Bremen von dem Wiederkaufrecht Gebrauch machen wollte, müsste die Stadt auch „den Zeitwert der durch die Fa. Dittmeyer getätigten Investitionen“ ersetzen, also die Umbaukosten tragen und die teuren Apfelsinenpressen mit kaufen. Da stellt es sich geradezu als Schnäppchen dar, wenn der Insolvenzverwalter anbietet, die Stadt könnte ja das Grundstück für das Doppelte des Verkaufspreises von 1999 wieder zurückbekommen. Wo doch das Katasteramt, so fügt Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) in seiner internen Beschlussvorlage hinzu, schon 1999 einen Wert von 15,8 Millionen Mark für das Grundstück ermittelt hatte. Das bedeutet allerdings im Umkehrschluss, dass der Häfensenator damals die Fläche zu einem Drittel des offiziellen Katasteramt-Wertes verkauft hatte!

Wenn der Bremer Senat an dieser Stelle eine moderne City-Erweiterung planen würde wie andere Großstädte es mit ihren alten Hafenbecken längst tun, dann wäre der Wert möglicherweise noch höher. Der Computer-Riese SAP, der es verlockend fand, am Rand von Hamburgs geplanter Hafencity ein Hochhaus zu bauen, hat für das Wasser-Grundstück vermutlich auch mehr als 150 Mark pro Quadratmeter bezahlt. Aber Bremens Stadtverwaltung insistiert auch nach der Dittmeyer-Pleite darauf, dass die attraktiven Flächen am alten Europa-Hafenbecken weiter als Lager genutzt werden. Die geologisch wertvollen Bohrkerne könnten „frühestens“ im Jahre 2004 woanders gelagert werden, teilt der Wirtschaftssenator mit. Und freut sich, dass es für den großen Schuppen 3 bereits „konkrete Mietinteressenten“ gibt – in Bremens potentieller Hafencity können es sich Kisten und Säcke für eine Miete von 2,20 Euro pro Quadratmeter beim Blicke aufs Wasser gemütlich machen!

Klaus Wolschner

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen