Springers Schachzug

Leo Kirch ist nun angeblich bereit, seinen Verlagsanteil zu verkaufen. Banken sollen bevorzugt zugreifen dürfen

Nun also doch: Um seinen angeschlagenen Konzern zu retten, verhandelt Leo Kirch offenbar auch über den Verkauf seines 40-Prozent-Anteils am Axel Springer Verlag. Bei dem auf über eine Milliarde Euro bezifferten Geschäft soll nach Berichten der Financial Times aber kein anderes Medienhaus zum Zug kommen, sondern Banken das Springer-Aktienpaket übernehmen.

Ein solches Arrangement bedeutet nicht nur eine späte Genugtuung für Verlegerwitwe und Mehrheitsaktionärin Friede Springer – der von Verlagsgründer Axel schon mal als „Verbrecher“ bezeichnete Kirch hatte erst nach dessen Tod und trotz erbitterten Widerstands der Erben seine Beteiligung nach und nach aufstocken können. Es wäre auch für Europas größtes Zeitungshaus insgesamt günstig. Denn die Übernahme des Kirch-Anteils durch ein Finanzkonsortium – voraussichtlich unter Führung der Deutschen Bank, bei der Kirch den Anteil ohnehin als Kreditsicherheit hinterlegt hat – würde den Einstieg anderer Medienkonzerne bei Springer zunächst verhindern. Die Essener WAZ-Gruppe hatte hier mehrfach Interesse bekundet, wurde aber wie Rupert Murdochs News Corp. in Springer-Kreisen ausdrücklich als „Wunschkandidat“ abgelehnt. Friede Springer hat beim Verkauf des Kirch-Aktienpakets zwar ein Vorkaufs- und Einspruchsrecht – aber nicht genug Geld: Nach mageren Ergebnissen in den Vorjahren rechnen Analysten bei Springer für 2001 sogar mit Verlusten. Eine Art Lebensversicherung wäre diese Lösung auch für Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner, da ein Finanzkonsortium vor dem Weiterverkauf der Anteile die Umsetzung seines Sparkurses abwarten würde.

Für Leo Kirch übrig bliebe eine bittere symbolische Niederlage – und maximal ein dreistelliger Millionenbetrag: Er müsste vom Verlaufserlös nämlich zunächst seine auf rund 700 Millionen Euro geschätzten Verbindlichkeiten bei der Deutschen Bank begleichen. Angesichts der Kirch-Gesamtschulden von über fünf Milliarden Euro schafft der Springer-Deal also maximal eine kurze Atempause. Das gibt der sonst zu allen Spekulationen schweigende Konzern jetzt auch selbst zu: Am Wochenende räumte Kirch-Vize Dieter Hahn in Springers Welt am Sonntag ein: „Perspektivisch können wir im Laufe des Jahres Liquiditätsprobleme bekommen.“ STG