: Mit weniger Geld in den Wahlkampf
Das US-Repräsentantenhaus beschließt nach hitziger Debatte eine Reform der Parteienfinanzierung. Firmen und Interessenverbände sollen keine Millionen mehr spenden dürfen – nur noch maximal 10.000 Dollar sind erlaubt
aus Washington MICHAEL STRECK
Es war ein Krimi. Der Ausgang völlig ungewiss. Nach 15 Stunden Debatte um drei Uhr morgens war es dann so weit: Das Repräsentantenhaus beschloss die größte Reform der Wahlkampffinanzierung seit drei Jahrzehnten und überwies die Pläne zur Endabstimmung an den Senat.
Selten hat der US-Kongress eine so hitzige Debatte erlebt. Bis zur letzten Minute wurde gefeilscht. Dutzende Änderungsvorschläge lagen auf dem Tisch und mussten zum Teil einzeln abgestimmt werden. Mit immer neuen Anträgen und Tricks versuchten die Republikaner die angepeilte Reform zu Fall zu bringen. Am Ende stimmten 240 Abgeordnete für und 189 gegen die Neuregelung. Auch 41 Republikaner unterstützten die parteiübergreifende Initiative.
Die von dem Republikaner Christopher Shays und dem Demokraten Martin Meehan eingebrachten Vorschlägen wollen vor allem das so genannte „soft money“ und die von Interessengruppen finanzierte Werbung verbieten. Weiche Parteispenden sind Gelder, die bisher in unbegrenzter Höhe von Unternehmen, Interessengruppen und Einzelpersonen an Parteien fließen dürfen. Offiziell war es zwar verboten, einzelne Politiker damit direkt zu unterstützen, aber auf Umwegen war dies möglich. So konnte zum Beispiel thematische Fernsehwerbung, in der rein zufällig dieselben Aussagen verbreitet wurden wie die, die der Kandidat machte, bezahlt werden. Sammelten Demokraten und Republikaner 1980 gemeinsam noch rund 19 Millionen Dollar „soft money“, waren es zwanzig Jahre später bereits 487 Millonen. Dieses Geld ist einer der wichtigsten Faktoren der Parteienfinanzierung.
In Zukunft sollen nur noch Spenden von maximal 10.000 Dollar erlaubt sein. Davon darf kein Geld für die Finanzierung von Wahlwerbespots verwandt werden. Gegner lehnen die Einschränkungen jedoch als verfassungswidrig ab, da sie gegen die Meinungsfreiheit verstießen. Es wird daher nicht ausgeschlossen, das die Reform im Senat noch einmal verzögert wird.
Die Washington Post hatte am Mittwoch noch die Abgeordneten beschworen, für die Reform zu stimmen: „Das gegenwärtige System stinkt. Die unerbittliche Jagd nach großen Spenden entwertet den Kandidaten, schließt weniger Wohlhabende aus und schafft eine Regierung, in der Zugang, wenn nicht sogar Entscheidungen gekauft werden können.“
Wer in Amerika Politik machen wollte, benötigte stets ein pralles Konto und reiche Gönner. Mindestens 20 Millionen Dollar brauchte man allein, um bei den Vorwahlen für die Präsidentschaft eine Chance zu haben. Ein Senatsposten kostet bislang rund 4 Millionen Dollar. Dabei war eine Säule des US-Parteispendensystems sehr rigide festgelegt. Nach dem Watergate Skandal 1974 – der Versuch, Abhörgeräte im Wahlhauptquartier der Demokraten zu installieren, wurde mit illegalen Spenden finanziert – wurde die Spendenpraxis erheblich verschärft. Politiker mussten die Namen ihrer Spender nennen, kein Bürger durfte mehr als 1.000 Dollar und kein Unternehmen mehr als 5.000 Dollar pro Jahr an einen Kandidaten spenden. Die Spenden von Einzelpersonen an Parteien durften 20.000 Dollar nicht übersteigen. Mit dieser strengen als „hard money“ bezeichneten Praxis konnten die Parteien jedoch nicht ihren stets zunehmenden Geldhunger befriedigen und die immer teureren Wahlkampagnen finanzieren. So entdeckten und nutzten sie die Lücke, die ihnen die „soft money“-Regelung bot und die jetzt geschlossen werden soll.
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