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Wahrheit statt Verschleierung

Die Ermittlungen zum Untergang des russischen Atom-U-Bootes „Kursk“ sind beendet. Nun gilt als sicher, dass die Explosion eines Torpedos an Bord die Katastrophe auslöste

MOSKAU taz ■ Nicht das Ermittlungsergebnis lässt aufhorchen, sondern die Bereitschaft der russischen Behörden mit der Wahrheit langsam herauszurücken. Am Montag beendete die Kommission, die seit letztem Herbst das Wrack des im Sommer vor zwei Jahren gesunkenen Atom-U-Bootes „Kursk“ untersucht, die schwierigste Etappe der Ermittlungen – die Rekonstruktion der vom Meeresgrund geborgenen Einzelteile. Moskaus Generalstaatsanwalt Wladimir Ustinow reiste dafür eigens in den Nordmeerhafen Murmansk. „Geheimnisse, was an Bord geschehen ist, gibt es so gut wie keine mehr“, meinte Ustinow in einem Anflug von Offenheit.

Nach der Tragödie auf der „Kursk“, der 118 Seeleute zum Opfer gefallen waren, hatte der Kreml alle Kräfte in Bewegung gesetzt, die tatsächlichen Hintergründe der Havarie zu verschleiern. Schon in den ersten Stunden nach dem Ereignis vermuteten unabhängige Experten, die Detonationen an Bord seien durch einen lecken Versuchstorpedo verursacht worden.

Der Chef der Marine, Admiral Wladimir Kurojedow, schreckte am Montag noch davor zurück, die Dinge offen beim Namen zu nennen. Er räumte indes ein, die Marine hätte „ungerechtfertigtes Vertrauen“ in den Torpedotyp gesetzt, der von flüchtigem Wasserstoffperoxid angetrieben werde. Dieser Treibstoff könne, tritt er durch ein Leck aus und gerät mit Metall in Verbindung, zu „ungeahnten Konsequenzen“ führen, im Klartext: explodieren.

Die Gefahren waren lange bekannt. Bereits 1955 sank ein britisches U-Boot, nachdem austretendes Peroxid eine Explosion verursacht hatte. Die britische Marine reagierte sofort und verbannte den Treibstoff von ihren Booten, die Sowjets hingegen führten ihn erst 1957 ein, wider besseres Wissen.

Ustinow hatte im Laufe der Ermittlungen mehrfach darauf hingewiesen, dass sich die Führung der Nordflotte bei der Übungsfahrt eine Reihe schwerwiegender Sicherheitsvergehen habe zuschulden kommen lassen. Im Dezember reagierte Präsident Wladimir Putin und entließ neben einer Reihe hochrangiger Militärs auch den ehemaligen Flottenchef, Admiral Wjatscheslaw Popow.

Ustinow stellte in Murmansk klar, die Untersuchungen hätten keine Beweise für eine Kollision der „Kursk“ mit einem westlichen U-Boot geliefert, wie Flottenführung und Kreml anfangs behaupteten. Die angeblich am Unfallort gesichtete Rettungsboje eines westlichen U-Bootes hätten die erfahrenen Seeleute eines russischen Kreuzers wohl mit einer Riesenqualle verwechselt … KLAUS-HELGE DONATH

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