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Jagoda geht, Reformen kommen

Arbeitsminister Riester (SPD) kündigt an, erste gesetzliche Regelungen zur Neugestaltung der Arbeitsämter noch vor der Bundestagswahl zu verabschieden. Sein Vorgänger Blüm (CDU) warnt davor, private Arbeitsvermittler zu überschätzen

aus Berlin ULRIKE HERRMANN

Die stellvertretende Bundestagspräsidentin Anke Fuchs beschwor die Abgeordneten fast: „Sie können ruhig bleiben; es wird bestimmt spannend!“ Gemeint war die aktuelle Stunde, die Rot-Grün gestern zum Thema Bundesanstalt für Arbeit angemeldet hatte. Doch die Bänke im Bundestag blieben so leer, wie sie schon beim Tagesordnungspunkt zuvor, der „Strafverfolgung in Europa“, gewesen waren.

Vor dem schmalen Fachpublikum aus den Fraktionen vollzog Arbeitsminister Walter Riester jedoch eine bemerkenswerte Wende. Hatte er am Mittwoch noch gesagt, dass er Reformgesetze für die Arbeitsämter erst nach der Wahl einbringen wolle – so kündigte er gestern eine Beschleunigung an. Erste gesetzliche Regelungen soll es nun doch schon vor der Wahl geben. Damit erkannte Riester die politischen Realitäten an: Bisher hatte die Personalie Bernhard Jagoda die Diskussion beherrscht. Nun, da der Abgang des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit beschlossen ist, wendet sich die Debatte den Strukturproblemen bei den Arbeitsämtern zu. Und öffentliche Geduld mit dem Minister ist nicht zu erwarten.

Liberale, Union und Grüne skizzierten gestern im Bundestag nochmals ihre Forderungen. Einhellig beliebt ist die Idee, dass Arbeitslose schon vom ersten Tag an einen Rechtsanspruch auf Privatvermittlung erhalten. Nur der ehemalige Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU) zeigte sich wenig beeindruckt von diesem Verbesserungsvorschlag. Er warnte davor, dass sich die Privatvermittler nur auf die Besserqualifizierten beschränken und die Langzeitarbeitslosen ignorieren würden. Noch schlimmer: „Die Beitragszahler finanzieren die Weiterbildung und die Privatvermittler sahnen ab.“ Diese „Mitnahmeeffekte“ fürchtet auch ein Sprecher der Arbeitsministeriums. Man wolle Privatvermittlungen ja durchaus erleichtern – „aber nicht ab dem ersten Tag“. Denn dann würden die Firmen sogar für vermittelte Arbeitslose kassieren, die auch von selbst sofort einen Job gefunden hätten.

Heftig umstritten bleibt die Selbstverwaltung der Bundesanstalt für Arbeit. Während die FDP sie radikal abschaffen und zu einer nachgeordneten Behörde des Wirtschaftsministeriums machen möchte, bekennen sich die Sozialdemokraten ebenso eindeutig dazu. Nur die Union kann sich nicht recht entscheiden. Während ihr Abgeordneter Julius Louven gestern die Selbstverwaltung auflösen wollte, plädierte sein Kollege Karl-Josef Laumann noch am Mittwoch dafür, sie zu erhalten. Mit genau jenem Argument, das die Sozialdemokraten auch immer anführen: Die Bundesanstalt werde durch die Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber finanziert – da sei es nur fair, sie auch an der Verwaltung des Geldes zu beteiligen.

Was aus diesen Vorschlägen wird, wie es mit der Skandalchronik weitergeht – das wird uns Kanzler Schröder sicher bald sagen. Man munkelt, er habe die Arbeitsämter zur „Chefsache“ erklärt.

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